Topic: gelesen
Wie sehr ich Märchen geliebt habe! Sie waren mein größter Schatz. Als ich klein war und noch nicht selbst lesen konnte, las mir Mama aus ihrem in rotes Leinen gebundenen Märchenbuch vor. Ich besitze es heute noch. Vorn steht ihr Mädchenname in grün verblichener Tinte und mittlerweile ist der Buchrücken etwas zerfleddert. Es wird von regelmäßig zwischengelegten ganzseitigen farbigen und vielen Illustrationen in schwarz-weiß belebt und später konnte ich die eigenartigen Buchstaben der Fraktur selbst entziffern.
Ob Märchen gut für Kinder sind oder nicht, haben einige wissenschaftliche Zweige zu ergründen versucht. Die meisten Märchen waren eine Wohltat für mein Gemüt, das noch völlig im Vertrauen auf Gerechtigkeit wurzelte, wenn das Gute stets über das Böse siegte. Aber eines hat mich verwirrt und tut es heute noch: Marienkind von den Grimm-Brüdern. (Hier z. B. nochmal nachzulesen).
Die Jungfrau Maria daselbst setzt in dieser Mär das Marienkind, das sie mit ins Himmelreich genommen hat, weil sein Vater es nicht mehr ernähren konnte, einer unfassbaren Versuchung aus: Erst wird es jahrelang mit süßem Brot und Milch verhätschelt und dann mit 14, die Jungfrau Maria muss sich auf Reisen begeben, bekommt es die Schlüssel für 13 Türen, von denen es zwölf öffnen darf, die 13. ihm aber auf Verderb verboten wird.
Natürlich, wer täte das nicht, öffnet das Kind, mit großer Angst zwar, auch die 13. Tür und sieht dahinter die Dreieinigkeit in ihrer ganzen Herrlichkeit. Maria kommt nach Hause und erkennt an dem mit Gold behafteten Finger, den das Kind nach der Tat verzweifelt zu reinigen versucht hat, natürlich sofort, dass es das Verbot gebrochen hat. Maria befragt das Kind eindringlich, es verleugnet ebenso beharrlich. Man muss den Text lesen, um mitfühlen zu können, welche große Angst das Kind hat, was es einerseits bewegt hat, ungehorsam zu sein und was es in der Folge erleiden muss, weil es seine angebliche Sünde, nämlich die Lüge, die 13. Tür nicht angerührt zu haben, leugnen muss, aus Angst vor der Strafe. So oder so, das Kind wird mit einer Vergeltungsmaßnahme bedacht, die schlimmer nicht sein kann, es wird, verstummt, auf die Erde zurückgebracht, die Kinder, die die junge Frau bald darauf mit einem Königssohn hat, werden ihr weggenommen und sie landet als vermeintliche Menschenfresserin auf dem Scheiterhaufen. Es ist wiederum Maria, die sie vom drohenden Tod erlöst, als Marienkind endlich ihre Tat zugeben kann.
Die verwirrenden Hintergründe dieser Geschichte waren als Kind für mich nicht zu durchschauen oder gar zu benennen. Es war eher so, als hätte ich sie als Bedingung bedenkenlos angenommen. Immerhin ist es die Mutter Maria selbst, also Jesus' Mutter, die das Kind aus der weltlichen Armut befreit und es liebevoll umsorgt. Aber just als das Kind erwachsen wird, mit 14, also wahrscheinlich pubertär und eigenwillig, geht Maria auf eine Reise – wohin muss eine Gottesmutter bloß reisen, könnte man sich fragen – und lässt das Kind mit einer monströsen Herausforderung allein, die es nicht bewältigen kann und wahrscheinlich auch nicht soll. Nun erkennen wir das andere Gesicht der Jungfrau Maria, das einer rachsüchtigen Frau mit unbegreiflichen Erziehungsmethoden und doppeldeutigen -zielen. Was sie ihrem Ziehkind antut, ist äußerst grausam und könnte seinen Tod bedeuten. Und allein sie hat die Macht inne, es davon zu befreien!
Warum macht sie das? Die Motive anderer Mutterfiguren in Märchen sind einfacher zu erklären. Da ist eine neidisch auf die Schönheit ihrer Stieftochter (Schneewittchen), eine andere zieht die eigene Tochter der Stieftochter vor (Aschenputtel). Und was ist überhaupt mit der Herrlichkeit? Ist es mit 14 zu früh, sie zu schauen? Muss man sie sich durch Gehorsamheit und Leid erst verdienen? Wieso ermöglicht Maria dem Kind durch Überlassen der Schlüssel Erwachsenwerdungs- und Erleuchtungserfahrungen einerseits und verbietet sie gleichzeitig? Was genau verspricht sie sich von des Kindes Gehorsamkeit? Wieso zwingt sie es zur Lüge? Verwechselt sie da nicht etwas? Was hat genau hat sie von ihrem bigotten Getue? Wieso ist diese Maria derart verschroben?
Es gibt eine Buchserie "Märchen tiefenpsychologisch gedeutet". Jenes über das Marienkind-Märchen hatte ich besessen, jetzt ist es aber unauffindbar und möglicherweise habe ich es einem Antiquariat verkauft. Ich erinnere mich, dass es ähnliche Fragen aufwarf, aber doch nicht die gleichen, die mich beschäftigen. Dieses Märchen vermag mich immer noch in Stimmungen zu versetzen, die ich damals empfunden habe. Die verschiedenen Ängste, die dort anklingen, vor Strafe, vor Entlarvung der Lüge, vor Verlassenwerden, aber auch die Besitzgier, Macht und Gnadenlosigkeit der Mutterperson etc., haben mich geprägt, begleiten mich in schlechten Zeiten immer noch und wurden wieder durch die Weihnachtsauseinandersetzung (s. u.) hochgespült. Es ist fast so, als spielte ich (oder wir) dieses eine besondere Märchen nach, jede Beteiligte in ihrer starren Rolle, jede mit ganzer Macht.
Man könnte sagen, es sei eine Geschichte über Machtmissbrauch und verlogene Liebe. Man könnte sagen, dass sie in schlichten Worten Unaussprechliches beschreibt. Man könnte sagen, es handelt sich um die Geschichte einer jungen Frau, die die Wahrheit bereits gesehen hat und sie bedingungslos lebt, auch wenn sie mit den schrecklichsten Konsequenzen zu rechnen hat. Und endlich könnte man sagen, diese Geschichte birgt, ebenso versteckt, ihre Lösung und die Erkenntnis der Welt.
Und ja, als ich 14 war, habe ich die Herrlichkeit schauen können. Auf eine unbefangene Art wusste ich, warum die Welt besteht und es mich gibt. Dieses Wissen scheint mir manchmal im Trubel der Ereignisse abhanden gekommen zu sein, denn ich war verstummt, mein Prinz hat nicht zu mir gestanden und ich habe meine Kinder opfern müssen und manchmal fühle ich mich tatsächlich wie in tausend Feuern. All dies ist geschehen. Aber tief in meinem Herzen ... – nein, nicht die Lüge wohnt dort. Sondern die Wahrheit.
Ob Märchen gut für Kinder sind oder nicht, haben einige wissenschaftliche Zweige zu ergründen versucht. Die meisten Märchen waren eine Wohltat für mein Gemüt, das noch völlig im Vertrauen auf Gerechtigkeit wurzelte, wenn das Gute stets über das Böse siegte. Aber eines hat mich verwirrt und tut es heute noch: Marienkind von den Grimm-Brüdern. (Hier z. B. nochmal nachzulesen).
Die Jungfrau Maria daselbst setzt in dieser Mär das Marienkind, das sie mit ins Himmelreich genommen hat, weil sein Vater es nicht mehr ernähren konnte, einer unfassbaren Versuchung aus: Erst wird es jahrelang mit süßem Brot und Milch verhätschelt und dann mit 14, die Jungfrau Maria muss sich auf Reisen begeben, bekommt es die Schlüssel für 13 Türen, von denen es zwölf öffnen darf, die 13. ihm aber auf Verderb verboten wird.
Natürlich, wer täte das nicht, öffnet das Kind, mit großer Angst zwar, auch die 13. Tür und sieht dahinter die Dreieinigkeit in ihrer ganzen Herrlichkeit. Maria kommt nach Hause und erkennt an dem mit Gold behafteten Finger, den das Kind nach der Tat verzweifelt zu reinigen versucht hat, natürlich sofort, dass es das Verbot gebrochen hat. Maria befragt das Kind eindringlich, es verleugnet ebenso beharrlich. Man muss den Text lesen, um mitfühlen zu können, welche große Angst das Kind hat, was es einerseits bewegt hat, ungehorsam zu sein und was es in der Folge erleiden muss, weil es seine angebliche Sünde, nämlich die Lüge, die 13. Tür nicht angerührt zu haben, leugnen muss, aus Angst vor der Strafe. So oder so, das Kind wird mit einer Vergeltungsmaßnahme bedacht, die schlimmer nicht sein kann, es wird, verstummt, auf die Erde zurückgebracht, die Kinder, die die junge Frau bald darauf mit einem Königssohn hat, werden ihr weggenommen und sie landet als vermeintliche Menschenfresserin auf dem Scheiterhaufen. Es ist wiederum Maria, die sie vom drohenden Tod erlöst, als Marienkind endlich ihre Tat zugeben kann.
Die verwirrenden Hintergründe dieser Geschichte waren als Kind für mich nicht zu durchschauen oder gar zu benennen. Es war eher so, als hätte ich sie als Bedingung bedenkenlos angenommen. Immerhin ist es die Mutter Maria selbst, also Jesus' Mutter, die das Kind aus der weltlichen Armut befreit und es liebevoll umsorgt. Aber just als das Kind erwachsen wird, mit 14, also wahrscheinlich pubertär und eigenwillig, geht Maria auf eine Reise – wohin muss eine Gottesmutter bloß reisen, könnte man sich fragen – und lässt das Kind mit einer monströsen Herausforderung allein, die es nicht bewältigen kann und wahrscheinlich auch nicht soll. Nun erkennen wir das andere Gesicht der Jungfrau Maria, das einer rachsüchtigen Frau mit unbegreiflichen Erziehungsmethoden und doppeldeutigen -zielen. Was sie ihrem Ziehkind antut, ist äußerst grausam und könnte seinen Tod bedeuten. Und allein sie hat die Macht inne, es davon zu befreien!
Warum macht sie das? Die Motive anderer Mutterfiguren in Märchen sind einfacher zu erklären. Da ist eine neidisch auf die Schönheit ihrer Stieftochter (Schneewittchen), eine andere zieht die eigene Tochter der Stieftochter vor (Aschenputtel). Und was ist überhaupt mit der Herrlichkeit? Ist es mit 14 zu früh, sie zu schauen? Muss man sie sich durch Gehorsamheit und Leid erst verdienen? Wieso ermöglicht Maria dem Kind durch Überlassen der Schlüssel Erwachsenwerdungs- und Erleuchtungserfahrungen einerseits und verbietet sie gleichzeitig? Was genau verspricht sie sich von des Kindes Gehorsamkeit? Wieso zwingt sie es zur Lüge? Verwechselt sie da nicht etwas? Was hat genau hat sie von ihrem bigotten Getue? Wieso ist diese Maria derart verschroben?
Es gibt eine Buchserie "Märchen tiefenpsychologisch gedeutet". Jenes über das Marienkind-Märchen hatte ich besessen, jetzt ist es aber unauffindbar und möglicherweise habe ich es einem Antiquariat verkauft. Ich erinnere mich, dass es ähnliche Fragen aufwarf, aber doch nicht die gleichen, die mich beschäftigen. Dieses Märchen vermag mich immer noch in Stimmungen zu versetzen, die ich damals empfunden habe. Die verschiedenen Ängste, die dort anklingen, vor Strafe, vor Entlarvung der Lüge, vor Verlassenwerden, aber auch die Besitzgier, Macht und Gnadenlosigkeit der Mutterperson etc., haben mich geprägt, begleiten mich in schlechten Zeiten immer noch und wurden wieder durch die Weihnachtsauseinandersetzung (s. u.) hochgespült. Es ist fast so, als spielte ich (oder wir) dieses eine besondere Märchen nach, jede Beteiligte in ihrer starren Rolle, jede mit ganzer Macht.
Man könnte sagen, es sei eine Geschichte über Machtmissbrauch und verlogene Liebe. Man könnte sagen, dass sie in schlichten Worten Unaussprechliches beschreibt. Man könnte sagen, es handelt sich um die Geschichte einer jungen Frau, die die Wahrheit bereits gesehen hat und sie bedingungslos lebt, auch wenn sie mit den schrecklichsten Konsequenzen zu rechnen hat. Und endlich könnte man sagen, diese Geschichte birgt, ebenso versteckt, ihre Lösung und die Erkenntnis der Welt.
Und ja, als ich 14 war, habe ich die Herrlichkeit schauen können. Auf eine unbefangene Art wusste ich, warum die Welt besteht und es mich gibt. Dieses Wissen scheint mir manchmal im Trubel der Ereignisse abhanden gekommen zu sein, denn ich war verstummt, mein Prinz hat nicht zu mir gestanden und ich habe meine Kinder opfern müssen und manchmal fühle ich mich tatsächlich wie in tausend Feuern. All dies ist geschehen. Aber tief in meinem Herzen ... – nein, nicht die Lüge wohnt dort. Sondern die Wahrheit.
Topic: Arbeitstisch

Das bleibt wohl jetzt so. Zur Erinnerung an die ehrwürdigen Fabrikhallen. Vielleicht noch ein paar Pflanzen dran.
Topic: gesehen

Mehrstündige Spaziergänge. Lichtfarben. Wilde Gedankengebilde. Unruhe. Angst vor, zusammen mit Lust auf – Endliches. Wie ein Moosbett im Geheimen, in das ich mich schmiege, voller Vertrauen, dennoch.
(Dennoch. Das bisher schönste Wort des Jahres.)
akrabke | 06. Januar 2014, 13:01 | 0 Kommentare
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Topic: Leben ist Leiden
Wer kennt sie, oder kennt sie nicht, die Geschichten über die großen Yogis, ihre geheimen Kräfte (siddhis) und ihre jesus-like-en Wundertaten? Allerdings gibt es nur wenige echte Zeugen und auch deren Berichte sind für Außenstehende kaum glaubwürdig. Das wenige, dessen ich Zeugin war, ist nicht besonders spektakulär, keine fliegenden Menschen, keine Flammenbündel in Handflächen, kein Wasser zu Wein. Ich sehe nur meinen Lehrer, den ich für den liebevollsten, feinsinngsten und wahrsten Menschen halte, den es geben kann. Er ist mir Vater und Mutter zugleich, wo meine Eltern ohnmächtig waren, ist mir Vertrauter und geliebter Freund, der mich am besten kennt. Durch seine Anwesenheit kann ich mich selbst erkennen als reines Wesen.
Seine (körperliche) Verfassung, im Gegensatz zu seiner geistigen, ist seit Jahrzehnten schwächlich. Er habe nachlässig und zu spät die Übungen seines Meisters befolgt, da war der Körper schon unwiederbringlich geschädigt. Ärzten zufolge müsste er schon seit 20 Jahren tot sein, aber er versichert, dass die Kraft seines Meisters ihn am Leben erhält, damit er seine Mission erfüllen kann, die an das bodhisattva-Gelübde geknüpft erst beendet ist, wenn alle Wesen vom Leid befreit sind. Das kann noch dauern, wenn man sich die Welt so anschaut.
Zwecks Lebensverlängerung hatte sich der Meister meines Lehrers einen neuen Körper genommen, angeblich nicht nur einmal. Dazu wird der alte, verbrauchte durch einen anderen, gesünderen ersetzt, das kann jemand gerade Gestorbenes sein, der durch den Eintritt der feinstofflichen Energie-Hüllen, den koshas, wiederbelebt wird. Sowas kann man in Yoganandas Autobiografie eines Yogi nachlesen, es kommt nicht häufig vor, aber das alte heilige Wissen, shri vidya, beschreibt, dass und wie es geht.
Im ganzheitlichen Krankenhaus im Norden Indiens, das der Meister meines Lehrers gegründet hatte, gibt es ein paar Räume, die ihm gewidmet sind. Das Zimmer, in dem er seinen Körper 1995 verlassen hat, z. B., vibriert noch vor Leben, oder die Galerie mit vielen Fotografien des Erleuchteten, der am spirituellen ebenso wie am weltlichen Leben größte Freude gehabt hat. So sieht man ihn Tennis spielen, mit den Kindern scherzen oder an Festmahlzeiten mit bekannten Persönlichkeiten aus aller Welt teilnehmen und viel und sicherlich sehr laut lachen. Ich aber finde die Fotos am beeindruckendsten, die ihn in den zwanziger Jahren zeigen. In der chonologisch angeordneten Serie sieht man hier noch einen älteren Herrn, dann ein paar unscharfe Fotos eines in eine Decke gehüllten Mannes mit Bart und verschwiemelten Augen. Die Bildunterschriften besagen, dass der Meister zurück sei aus dem Himalaya, wohin er sich eine zeitlang zurückgezogen hatte. Alle darauf folgenden Fotografien zeigen einen erstaunlich verjüngten, schönen Mann mit großen Augen, runden Brauen und sinnlichen Lippen. Mir lief ein Schauer über den Rücken.
Das bewusste Verlassen des nutzlos gewordenen Körpers wird von fortgeschrittenen Yogis praktiziert, da wird nicht einfach so aus Versehen gestorben, sondern ist vorausbestimmter Teil des Lebensplanes, so wie die Geburt in ausgewählten Körpern mit einem frühen Erinnern an vergangene Leben ohne Verlust des in anderen Leben angeeigneten Wissens. Der Lehrer ruft seine Schüler zusammen, damit sie Zeugen seines mahasamadhis werden – ein deutliches Knackgeräusch in der Schädeldecke begleitet das willentliche Öffnen der Fontanelle, durch die der feinstoffliche sich vom festen Körper löst, der daraufhin seine Funktionen einstellt.
Dass die Meister sich hernach den Schülern in ihren feinstofflichen Körpern zeigen und ihre Belehrungen weiter gehen, ist anscheinend Gang und Gäbe. Ich selbst war keine Zeugin, aber ich habe mir von Zeugen davon erzählen lassen. Ob dieses alles für den Leser dadurch glaubwürdiger wird, muss mir erstmal egal sein, darum geht es hier nicht.
Wie ich vor ein paar Tagen hörte, ist die Gesundheit meines Lehrers so labil, dass er nun in einem Krankenhaus weilt. Er sei öfters ohnmächtig geworden und hätte Atemprobleme. Und es stimmt mich froh, dass die Ärtze, natürlich, nichts richtiges finden können, es sei jedenfalls eine Anzahl von ihnen mit Untersuchungen beschäftigt. Die anderen Diagnosen, die im Laufe der Jahre gestellt wurden, haben ja auch nichts bedeutet – der Körper funktioniert in genau der Weise, dass er dem Geist (noch) dienen kann. Alles andere ist sowieso Sache eines (geheimen) Wissens, von dem wir nichts verstehen (wollen).
Ich schwanke zwischen Betrübnis und großer Freude und weiß mich nicht richtig einzupendeln. Er sagt, er hätte noch nicht die Kunst des Sterbens erlangt, so wie sie sein Meister beherrscht hat. Ich frage mich, ob das bedeutet, dass er seinen Körper nicht willentlich ablegen werden kann, und was das dann wiederum bedeutet. Aber das sind bloß Feinheiten. Jedenfalls gehen täglich Genesungswünsche ein (online), und die unterscheiden sich deutlich von denen, die an unseren Fahrprofi gehen. Sie sind vollkommen frei von Angst oder Trauer. Sondern voller Dankbarkeit, und die Hoffnung, die darin zum Ausdruck kommt, bezieht sich auf weitaus größere Welten.
Seine (körperliche) Verfassung, im Gegensatz zu seiner geistigen, ist seit Jahrzehnten schwächlich. Er habe nachlässig und zu spät die Übungen seines Meisters befolgt, da war der Körper schon unwiederbringlich geschädigt. Ärzten zufolge müsste er schon seit 20 Jahren tot sein, aber er versichert, dass die Kraft seines Meisters ihn am Leben erhält, damit er seine Mission erfüllen kann, die an das bodhisattva-Gelübde geknüpft erst beendet ist, wenn alle Wesen vom Leid befreit sind. Das kann noch dauern, wenn man sich die Welt so anschaut.
Zwecks Lebensverlängerung hatte sich der Meister meines Lehrers einen neuen Körper genommen, angeblich nicht nur einmal. Dazu wird der alte, verbrauchte durch einen anderen, gesünderen ersetzt, das kann jemand gerade Gestorbenes sein, der durch den Eintritt der feinstofflichen Energie-Hüllen, den koshas, wiederbelebt wird. Sowas kann man in Yoganandas Autobiografie eines Yogi nachlesen, es kommt nicht häufig vor, aber das alte heilige Wissen, shri vidya, beschreibt, dass und wie es geht.
Im ganzheitlichen Krankenhaus im Norden Indiens, das der Meister meines Lehrers gegründet hatte, gibt es ein paar Räume, die ihm gewidmet sind. Das Zimmer, in dem er seinen Körper 1995 verlassen hat, z. B., vibriert noch vor Leben, oder die Galerie mit vielen Fotografien des Erleuchteten, der am spirituellen ebenso wie am weltlichen Leben größte Freude gehabt hat. So sieht man ihn Tennis spielen, mit den Kindern scherzen oder an Festmahlzeiten mit bekannten Persönlichkeiten aus aller Welt teilnehmen und viel und sicherlich sehr laut lachen. Ich aber finde die Fotos am beeindruckendsten, die ihn in den zwanziger Jahren zeigen. In der chonologisch angeordneten Serie sieht man hier noch einen älteren Herrn, dann ein paar unscharfe Fotos eines in eine Decke gehüllten Mannes mit Bart und verschwiemelten Augen. Die Bildunterschriften besagen, dass der Meister zurück sei aus dem Himalaya, wohin er sich eine zeitlang zurückgezogen hatte. Alle darauf folgenden Fotografien zeigen einen erstaunlich verjüngten, schönen Mann mit großen Augen, runden Brauen und sinnlichen Lippen. Mir lief ein Schauer über den Rücken.
Das bewusste Verlassen des nutzlos gewordenen Körpers wird von fortgeschrittenen Yogis praktiziert, da wird nicht einfach so aus Versehen gestorben, sondern ist vorausbestimmter Teil des Lebensplanes, so wie die Geburt in ausgewählten Körpern mit einem frühen Erinnern an vergangene Leben ohne Verlust des in anderen Leben angeeigneten Wissens. Der Lehrer ruft seine Schüler zusammen, damit sie Zeugen seines mahasamadhis werden – ein deutliches Knackgeräusch in der Schädeldecke begleitet das willentliche Öffnen der Fontanelle, durch die der feinstoffliche sich vom festen Körper löst, der daraufhin seine Funktionen einstellt.
Dass die Meister sich hernach den Schülern in ihren feinstofflichen Körpern zeigen und ihre Belehrungen weiter gehen, ist anscheinend Gang und Gäbe. Ich selbst war keine Zeugin, aber ich habe mir von Zeugen davon erzählen lassen. Ob dieses alles für den Leser dadurch glaubwürdiger wird, muss mir erstmal egal sein, darum geht es hier nicht.
Wie ich vor ein paar Tagen hörte, ist die Gesundheit meines Lehrers so labil, dass er nun in einem Krankenhaus weilt. Er sei öfters ohnmächtig geworden und hätte Atemprobleme. Und es stimmt mich froh, dass die Ärtze, natürlich, nichts richtiges finden können, es sei jedenfalls eine Anzahl von ihnen mit Untersuchungen beschäftigt. Die anderen Diagnosen, die im Laufe der Jahre gestellt wurden, haben ja auch nichts bedeutet – der Körper funktioniert in genau der Weise, dass er dem Geist (noch) dienen kann. Alles andere ist sowieso Sache eines (geheimen) Wissens, von dem wir nichts verstehen (wollen).
Ich schwanke zwischen Betrübnis und großer Freude und weiß mich nicht richtig einzupendeln. Er sagt, er hätte noch nicht die Kunst des Sterbens erlangt, so wie sie sein Meister beherrscht hat. Ich frage mich, ob das bedeutet, dass er seinen Körper nicht willentlich ablegen werden kann, und was das dann wiederum bedeutet. Aber das sind bloß Feinheiten. Jedenfalls gehen täglich Genesungswünsche ein (online), und die unterscheiden sich deutlich von denen, die an unseren Fahrprofi gehen. Sie sind vollkommen frei von Angst oder Trauer. Sondern voller Dankbarkeit, und die Hoffnung, die darin zum Ausdruck kommt, bezieht sich auf weitaus größere Welten.
akrabke | 04. Januar 2014, 13:03 | 0 Kommentare
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Topic: Kaffeezeit
Dies ist also das neue Jahr.
Hallo. Fühlst dich gut an.
Hallo. Fühlst dich gut an.
Topic: Einsatz
Ein vorsichtiger Blick nach vorn. Das Horoskop sagt nach mageren und sehr humorlosen Jahren endlich etwas Entspannung an. Nein, nicht das Brigitte- oder Freundin-Horoskop, sondern das ganz persönliche. Einige vielversprechende Transite und spirituelle Hoch-Zeiten. Supi. Mit der Mantra-Übung schrappe ich stets am Aufgeben vorbei, wenigstens eine Mala pro Tag, sonst reißt die Verbindung und ich kann von vorn anfangen. Ich hab ein bisschen geschummelt, hoffentlich merkt das keiner. Knapp 70.000 zur Zeit.
Vielleicht kann ich doch endlich gedanklich vom Geräuschemann lassen. Solange ich noch nach seinem Namen suche und bei Freunden Fotos entdecke und dann noch anfange, über ihn zu reden und wie bedauerlich und so weiter blabla – wird das nichts.
In Aussicht stehen ein paar Aufträge, die finanziell nicht besonders ins Gewicht fallen, aber Spaß und freudvolle Kontakte bringen. Dass es auf dem Gelände an unseren desktops weiterhin so harmonisch zugeht, wünsche ich mir, jedenfalls kann ich zur Hälfte meinen Anteil daran geben. Ein paar kleine Reisen in die Welt hinaus. Eine befriedete Mutter. Mehr Zeit mit den Patenkindern, dem Großen, dem Sohn meiner Schwester, der ein neues Arbeitskonzept will, dem Mittleren, der bald 18 ist und mit dem ich auf dessen Riesenparty aller Wahrscheinlichkeit nach endlich durchbrennen werde, und dem Kleinmädchen, dessen Liebreiz mir das Herz erweicht, sicherlich.
Und natürlich Gesundheit. Für alle. Verzeihen. Hoffnung (trotzdem).
Dass es nicht nur den Menschen, die mir nahe stehen, gut ergeht, Wohlstand und langes Leben seien auch mit dabei. Mögen alle Wesen vom Leid befreit sein. Weg mit dem Kapitalismus, her mit der Glückseligkeit! Das sind so meinewirren bescheidenen Wünsche für ab morgen.
Vielleicht kann ich doch endlich gedanklich vom Geräuschemann lassen. Solange ich noch nach seinem Namen suche und bei Freunden Fotos entdecke und dann noch anfange, über ihn zu reden und wie bedauerlich und so weiter blabla – wird das nichts.
In Aussicht stehen ein paar Aufträge, die finanziell nicht besonders ins Gewicht fallen, aber Spaß und freudvolle Kontakte bringen. Dass es auf dem Gelände an unseren desktops weiterhin so harmonisch zugeht, wünsche ich mir, jedenfalls kann ich zur Hälfte meinen Anteil daran geben. Ein paar kleine Reisen in die Welt hinaus. Eine befriedete Mutter. Mehr Zeit mit den Patenkindern, dem Großen, dem Sohn meiner Schwester, der ein neues Arbeitskonzept will, dem Mittleren, der bald 18 ist und mit dem ich auf dessen Riesenparty aller Wahrscheinlichkeit nach endlich durchbrennen werde, und dem Kleinmädchen, dessen Liebreiz mir das Herz erweicht, sicherlich.
Und natürlich Gesundheit. Für alle. Verzeihen. Hoffnung (trotzdem).
Dass es nicht nur den Menschen, die mir nahe stehen, gut ergeht, Wohlstand und langes Leben seien auch mit dabei. Mögen alle Wesen vom Leid befreit sein. Weg mit dem Kapitalismus, her mit der Glückseligkeit! Das sind so meine
akrabke | 31. Dezember 2013, 13:59 | 0 Kommentare
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Topic: Wasser
Ein langer Spaziergang zum See. Dabei heimliche Wege benutzt. Jedenfalls waren sie mir bisher heimlich. Am Fluss entlang. Ein Zelt entdeckt, mit einem Tisch und einem Stuhl davor, eine Arbeitsumgebung, ein paar Gebrauchsgegenstände liegen herum oder hängen an Ästen. Den Weg, auch der Sonne, so genommen, damit diese mir lange ins Gesicht scheinen kann. Am See leuchtet Weihnachtsschmuck in den Büschen neben dem Steg, der wie immer nasse Fußspuren zeigt.

Noch kreisen die Gedanken. Werden ruhiger. Viele liegen zusammen mit den anderen auf einem Haufen Unglück. Ich empfinde eine Art zarter, neuer Freiheit.
Foto nochmal näher ran. Das bin also ich in der parallelen Kugelwelt.

Noch kreisen die Gedanken. Werden ruhiger. Viele liegen zusammen mit den anderen auf einem Haufen Unglück. Ich empfinde eine Art zarter, neuer Freiheit.
Foto nochmal näher ran. Das bin also ich in der parallelen Kugelwelt.
akrabke | 30. Dezember 2013, 16:30 | 0 Kommentare
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Topic: Familienbande
Turbulenzen in zehn Kilometer Höhe, gefolgt von freiem Fall und hartem Aufprall. So kann Weihnachten sein. Allerdings war es bis auf wenige Ausnahmen nie anders, zweimal mit dem Geräuschemann an diversen südeuropäischen Stränden, einmal mit dem Bassisten und seiner Familie. Und einmal mit der Prinzessin und ihren Freundinnen in HK bei grüner Limonade und chinesischer Pizza. Unvergessen auf ewig.
Ich dachte, dann hat man jemanden, antwortet sie auf meine Frage, wieso sie Kinder, also uns, bekommen hat. Das funktioniert ja nicht, das Jemand Haben, zische ich zurück, wofür, und ernte einen gehässigen Blick. Warum so feindselig? Niemand ist ihr recht, nicht mal wir Schwestern, die eine wird gegen die andere ausgespielt, natürlich wissen wir beide davon. Es sind harte, aber hauptsächlich wahre Gesprächsteile, die dieser kleinen Weihnachtsgesellschaft zu Ohren kommen. Satya, die Wahrheit wird befolgt, aber Ahimsa, Harmlosigkeit, nicht. Metta, Liebende Güte, ebenfalls null Punkte.
Am zweiten Weihnachtstag drehe ich dann endgültig durch. Ich sage ihr alles. Dass sie nicht uns liebt, sondern die Funktion, die sie für uns vorgesehen haben, Wohlwollen bei Erfüllung der Aufgaben, oder Ablehnung, wenn nicht. Dass ich mit ihr, seit ich einigermaßen klar denken kann, zwölf, 13 oder 14 Jahre alt, diese Gespräche geführt habe, sie klagt ihr Leid, und ich versuche, ihr zu helfen. Sie glücklich zu machen. Verschwendete Energie. Natürlich nimmt sie nichts an, das liegt in der Natur dieser Gespräche von Kind zu Mutter, das Gefälle, die Richtung, stimmt nicht, sie müsste eigentlich mich umsorgen. Immer nur ist sie die Leidende. Das alles kotze ich ihr vor die Füße und bin außer mir. Sie schaut mich unberührt an und rechtfertigt sich mit Gründen, die ein verletztes Kind nicht trösten können. Die Ehe, in die beide gezwungen wurden, der Mann, die Schwiegermutter, das Haus, bla-bla, die ganzen Geschichten nochmal. Ich erkenne, dass sie nur sich sieht, immer nur sich gesehen hat, und was ich ihr antue, indem ich so mit ihr rede. Ich weine bitterlich, Dudi kommt dazu und nimmt mich in den Arm.
Wieso tröstest du sie denn jetzt? ruft sie ihr harsch entgegen, ihr Blick wie eisiges Feuer. Und ich wundere mich nicht mal darüber, erwarte gar nichts anderes. Dass nichts Liebes von ihr ausgehen kann in diesem Moment, dass sie nicht mitfühlen kann, wie ich mich fühle. Dass sie es gar nicht kann.
Hinterher sag ich zu Dudi, dass es mir fast schon wieder leid tut. Ja, bestätigt sie, wie seltsam das ist, wir entschuldigen uns dauernd, dabei hätten wir mal ein es tut mir leid oder eine Entschuldigung für die verkorksten Jahre verdient.
How von John Lennon fällt mir ein. Lauter wie-Fragen, die auch ich heute nicht beantworten kann. Was ist das für eine Liebe, die erwartet wurde, von der gesprochen wurde, die aber nicht fühlbar war. Weihnachten, ein Fest der Liebe, die fehlt.
Ich dachte, dann hat man jemanden, antwortet sie auf meine Frage, wieso sie Kinder, also uns, bekommen hat. Das funktioniert ja nicht, das Jemand Haben, zische ich zurück, wofür, und ernte einen gehässigen Blick. Warum so feindselig? Niemand ist ihr recht, nicht mal wir Schwestern, die eine wird gegen die andere ausgespielt, natürlich wissen wir beide davon. Es sind harte, aber hauptsächlich wahre Gesprächsteile, die dieser kleinen Weihnachtsgesellschaft zu Ohren kommen. Satya, die Wahrheit wird befolgt, aber Ahimsa, Harmlosigkeit, nicht. Metta, Liebende Güte, ebenfalls null Punkte.
Am zweiten Weihnachtstag drehe ich dann endgültig durch. Ich sage ihr alles. Dass sie nicht uns liebt, sondern die Funktion, die sie für uns vorgesehen haben, Wohlwollen bei Erfüllung der Aufgaben, oder Ablehnung, wenn nicht. Dass ich mit ihr, seit ich einigermaßen klar denken kann, zwölf, 13 oder 14 Jahre alt, diese Gespräche geführt habe, sie klagt ihr Leid, und ich versuche, ihr zu helfen. Sie glücklich zu machen. Verschwendete Energie. Natürlich nimmt sie nichts an, das liegt in der Natur dieser Gespräche von Kind zu Mutter, das Gefälle, die Richtung, stimmt nicht, sie müsste eigentlich mich umsorgen. Immer nur ist sie die Leidende. Das alles kotze ich ihr vor die Füße und bin außer mir. Sie schaut mich unberührt an und rechtfertigt sich mit Gründen, die ein verletztes Kind nicht trösten können. Die Ehe, in die beide gezwungen wurden, der Mann, die Schwiegermutter, das Haus, bla-bla, die ganzen Geschichten nochmal. Ich erkenne, dass sie nur sich sieht, immer nur sich gesehen hat, und was ich ihr antue, indem ich so mit ihr rede. Ich weine bitterlich, Dudi kommt dazu und nimmt mich in den Arm.
Wieso tröstest du sie denn jetzt? ruft sie ihr harsch entgegen, ihr Blick wie eisiges Feuer. Und ich wundere mich nicht mal darüber, erwarte gar nichts anderes. Dass nichts Liebes von ihr ausgehen kann in diesem Moment, dass sie nicht mitfühlen kann, wie ich mich fühle. Dass sie es gar nicht kann.
Hinterher sag ich zu Dudi, dass es mir fast schon wieder leid tut. Ja, bestätigt sie, wie seltsam das ist, wir entschuldigen uns dauernd, dabei hätten wir mal ein es tut mir leid oder eine Entschuldigung für die verkorksten Jahre verdient.
How von John Lennon fällt mir ein. Lauter wie-Fragen, die auch ich heute nicht beantworten kann. Was ist das für eine Liebe, die erwartet wurde, von der gesprochen wurde, die aber nicht fühlbar war. Weihnachten, ein Fest der Liebe, die fehlt.
Topic: Arbeitstisch
So. Morgen Dings, äh ... Weihnachten. Rechner aus.
Ihnen allen, werte Lesenden, eine schöne Zeit.
Mehr sag ich nicht.
Ihnen allen, werte Lesenden, eine schöne Zeit.
Mehr sag ich nicht.
akrabke | 23. Dezember 2013, 15:15 | 0 Kommentare
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Topic: Liebes Tagebuch
Verdammt, was mach ich hier? Kann nicht schlafen und gebe aufschlussreiche Suchbegriffe ein. Aufschlussreich was meinen Geisteszustand betrifft.
Jetzt aber ab.
Jetzt aber ab.