Topic: Musik
Die Schlagzeugerin und ich brüten über unseren jeweiligen Handarbeiten. Während sie Pailletten auf ihre selbstgestrickte Mütze näht, beschäftige ich mit dem Säumen von Dudis Jacke, schlechthin ein unerkanntes Meisterwerk, dessen Schwierigkeitsgrad noch nicht zu erahnen war, als sie nach einem einfachen Pulli aus Quadraten fragte. Der nun eine Jacke ist. Und einen Rand benötigt. Und Knöpfe. Evtl. mit einer Leiste. Ach ja, Bündchen auch noch.
Die Schlagzeugerin und ich hatten uns aus den Augen verloren. In der Band war ich nicht mehr, geplante oder zufällige Treffen gab es nur noch im Bioladen, in dem sie damals arbeitete. Ich hätte gerne Brötchen. Im Herbst lud sie mich, seit dem vorletzten Dekadenwechsel das erste Mal, zu ihrer Geburtstagsfeier. Ich wollte keinen Test machen und auch nicht beim Tortenessen oder Tanzen über das Thema reden müssen, so sagte ich ab, schlug aber ein baldiges Zweiertreffen vor. Und jetzt haben wir unser drittes Handarbeitsgruppenpaartreffen und nennen uns Mottenkäfer.
Ein berührender Moment, als sie zur Gitarre greift und mir eines ihrer berühmten Zwei-Akkorde-Lieder vorspielt. Mit lebendiger Stimme singt. Sie ist ein seltsamer Mensch. Sagt offen, sie sei eine Säuferin und näht sich blinkende Pailletten auf die Mütze. Wegen ihr hatte ich begonnen, Songs zu schreiben. Sie hat mir die ausgefallensten Bands vorgestellt. Ich fühle mich von ihr vollständig angenommen und auch ich habe sie ohne Wenn und Aber in mein Herz gelassen. Ihr Refugium unterm Giebel nennt sie Nähstübchen. Sie gibt jeder Gruppe, der sie angehört, einen Namen. Sie will nicht mit dem Saufen aufhören, sagt sie, denn es gäbe keinen Grund.
Die Schlagzeugerin und ich hatten uns aus den Augen verloren. In der Band war ich nicht mehr, geplante oder zufällige Treffen gab es nur noch im Bioladen, in dem sie damals arbeitete. Ich hätte gerne Brötchen. Im Herbst lud sie mich, seit dem vorletzten Dekadenwechsel das erste Mal, zu ihrer Geburtstagsfeier. Ich wollte keinen Test machen und auch nicht beim Tortenessen oder Tanzen über das Thema reden müssen, so sagte ich ab, schlug aber ein baldiges Zweiertreffen vor. Und jetzt haben wir unser drittes Handarbeits
Ein berührender Moment, als sie zur Gitarre greift und mir eines ihrer berühmten Zwei-Akkorde-Lieder vorspielt. Mit lebendiger Stimme singt. Sie ist ein seltsamer Mensch. Sagt offen, sie sei eine Säuferin und näht sich blinkende Pailletten auf die Mütze. Wegen ihr hatte ich begonnen, Songs zu schreiben. Sie hat mir die ausgefallensten Bands vorgestellt. Ich fühle mich von ihr vollständig angenommen und auch ich habe sie ohne Wenn und Aber in mein Herz gelassen. Ihr Refugium unterm Giebel nennt sie Nähstübchen. Sie gibt jeder Gruppe, der sie angehört, einen Namen. Sie will nicht mit dem Saufen aufhören, sagt sie, denn es gäbe keinen Grund.
akrabke | 27. Januar 2022, 20:42 | 0 Kommentare
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Topic: Arbeitstisch
Jetzt sind die Kopfschmerzen endlich verflogen und ich habe mir Musik angemacht. Seit Freitag beschäftige ich mich mit Kryptowährung, habe einen Browser installiert, der mich fürs Surfen und Werbeanzeigen ansehen mit BAT (basic attention token) bezahlt und dabei umgerechnet 0,41 US$ verdient. Seit Freitag. Ich möchte gar nicht wissen, was das für ein Stundenlohn ist. Kryptowährungen, z. B. bitcoin stehen zur Zeit recht niedrig, und ich bin im Begriff, 1 Ether (ETH) zu kaufen, das sind heute so ungefähr 2250 EUR. Dazu muss man eine wallet installieren -- die ist in diesem neuen Browser mit drin -- und kann dann irgendwie loslegen mit der Kreditkarte. Ging gestern nicht. Später nochmal versuchen.
Ethereum ist eine Kryptowelt, die mir gefällt. Sie fußt auf drei Bereichen: DeFi, NFTs und DAOs. Mich interessieren die NFTs, das sind Non-Fungible-Token, nichtaustauschbare Gutscheine/Wertmarken/Spielsteine. Mittlerweile gibt es digitale Kunst und Musik, die als NFTs gehandelt und mit ETH bezahlt werden. Bilder und Musikstücke können kostenlos angesehen und -gehört werden, aber durch den Kauf ist man Besitzer dieses Stücks Kunst. Das macht bei rein digitalen Daten eigentlich keinen Sinn, aber es reizt meine kleine Zockerseele, ein JPG nicht nur anzusehen oder ein screenshot in meinen Bilderordner zu packen, sondern ein NFT zu besitzen. Der Grund, so etwas zu kaufen wird hauptsächlich mit damit bei Freunden angeben begründet. Genau mein Humor. Man klickt sich so durch Webseiten mit Galerien und Albensammlungen, sieht und hört und trifft eine Auswahl. Oder auch nicht.
Viele Musikstücke oder Bilder (Fotografien oder Collagen beispielsweise) haben mehrere layers mit Varianten, die sich im Tagesverlauf verändern, nachts dunkel, tagsüber hell, oder Musikstücke, die an einem anderen Tag anders klingen. Wie dieses, das ich jetzt gerade höre. (Es ist ein indisch gefärbtes Musikstück; ich mochte die gestrige klassische Version lieber als diese Ambient-Sache.)
Die unsinnige Schönheit von Ethereum weckt einen Strom an Ideen, denen ich gar nicht so schnell folgen kann -- Kunstprojekte, die einzig entstehen, weil das Konzept sie möglich macht; dazu Schaffensfreude ohne Erwartungsdruck. Eintauchen in einen mind ähnlich Verrückter, die 3 ETH für ein GIF mit ein paar MB bezahlen, oder wie auch immer die Formate heißen. Ich sehe mich 2022 als Krypto-Künstlerin, deren Begeisterung übers Jahr nicht nachlässt.
Ethereum ist eine Kryptowelt, die mir gefällt. Sie fußt auf drei Bereichen: DeFi, NFTs und DAOs. Mich interessieren die NFTs, das sind Non-Fungible-Token, nichtaustauschbare Gutscheine/Wertmarken/Spielsteine. Mittlerweile gibt es digitale Kunst und Musik, die als NFTs gehandelt und mit ETH bezahlt werden. Bilder und Musikstücke können kostenlos angesehen und -gehört werden, aber durch den Kauf ist man Besitzer dieses Stücks Kunst. Das macht bei rein digitalen Daten eigentlich keinen Sinn, aber es reizt meine kleine Zockerseele, ein JPG nicht nur anzusehen oder ein screenshot in meinen Bilderordner zu packen, sondern ein NFT zu besitzen. Der Grund, so etwas zu kaufen wird hauptsächlich mit damit bei Freunden angeben begründet. Genau mein Humor. Man klickt sich so durch Webseiten mit Galerien und Albensammlungen, sieht und hört und trifft eine Auswahl. Oder auch nicht.
Viele Musikstücke oder Bilder (Fotografien oder Collagen beispielsweise) haben mehrere layers mit Varianten, die sich im Tagesverlauf verändern, nachts dunkel, tagsüber hell, oder Musikstücke, die an einem anderen Tag anders klingen. Wie dieses, das ich jetzt gerade höre. (Es ist ein indisch gefärbtes Musikstück; ich mochte die gestrige klassische Version lieber als diese Ambient-Sache.)
Die unsinnige Schönheit von Ethereum weckt einen Strom an Ideen, denen ich gar nicht so schnell folgen kann -- Kunstprojekte, die einzig entstehen, weil das Konzept sie möglich macht; dazu Schaffensfreude ohne Erwartungsdruck. Eintauchen in einen mind ähnlich Verrückter, die 3 ETH für ein GIF mit ein paar MB bezahlen, oder wie auch immer die Formate heißen. Ich sehe mich 2022 als Krypto-Künstlerin, deren Begeisterung übers Jahr nicht nachlässt.
akrabke | 26. Januar 2022, 19:53 | 0 Kommentare
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Topic: Auf Reisen
Und wieder ist Januar. Am 17. jährte sich der Sterbetag des Mütterleins; der des Vaters am 15., elf Jahre zuvor. Beide Zahlen zeigen ihre gegenseitigen Geburtstage. Im letzten Jahr habe ich von (nicht unbedingt zeitlich nahen) Todesfällen von liebgewonnenen und oft bedachten Menschen erfahren. Meine allererste heimliche Affäre, die ich mit 20 unterhielt. Die Betreiberin des B&B in Cornwall, bei der ich einen wunderbaren Sommer im Todesjahr meines Vaters verbrachte. Und der Mann, mit dem ich die gesamten 90er Jahre treu und liebend verbunden war.
Eigentlich fühlte ich mich immer mit ihm verbunden, obwohl wir uns viele Jahr nicht gesehen und gehört haben. Es gibt ein kleines Video von ihm mit einem Reisesegen für mich für Indien 2012. Und irgendwann hatte er mit erzählt, dass er wieder mit einer frühen Freundin zusammengekommen ist. Und glücklich sei. Das fand ich schön. Ich stieß neulich beim Suchen auf seine Trauerseite im Netz. Er ist morgen zwei Jahre tot und ich bin viel zu spät. Ich hinterließ mein Namenskürzel, nachdem ich eine Weile aufgeregt darüber war, dass mich seine Kinder nicht informiert hatten. Ich hätte es einfach gern gewusst. So trifft mich die Trauer zu spät, das üppige Gefühl, alleingelassen worden zu sein und das Bedauern, ihm meinen Reisesegen verwehrt zu haben.
Sonst gibt es keine Toten und noch nicht einmal Kranke. Wir sind einfach alle gesund geblieben in diesen zwei Jahren, gewachsen an einer Krise, die mich nichts anzugehen scheint, mit der ich nicht viel anfangen kann. Gesundheit? Mach ich selber. Sport? Yoga auf dem großen Wollteppich. Lustbarkeiten? Freude kommt von innen bzw. passiert in Innenräumen mit Freunden. Es gibt nur zwei Ausstellungen, deren Zugangsverwehrung ich minimal bedauere -- die in der städtischen Galerie mit jungen, eventuell sogar aufregenden Künstlern und jene im Handwerksforum mit der Verleihung eines Designpreises.
Es ist viel gedacht, gesagt, belacht und beweint worden. In diesem Sinne eine erkenntnisreiche Zeit, die zwei C-Jahre, eine Art Krieg mit Attacken, Schuldzuweisungen, falschen Flaggen und freundlichem Feuer. Ich habe standgehalten.
Eigentlich fühlte ich mich immer mit ihm verbunden, obwohl wir uns viele Jahr nicht gesehen und gehört haben. Es gibt ein kleines Video von ihm mit einem Reisesegen für mich für Indien 2012. Und irgendwann hatte er mit erzählt, dass er wieder mit einer frühen Freundin zusammengekommen ist. Und glücklich sei. Das fand ich schön. Ich stieß neulich beim Suchen auf seine Trauerseite im Netz. Er ist morgen zwei Jahre tot und ich bin viel zu spät. Ich hinterließ mein Namenskürzel, nachdem ich eine Weile aufgeregt darüber war, dass mich seine Kinder nicht informiert hatten. Ich hätte es einfach gern gewusst. So trifft mich die Trauer zu spät, das üppige Gefühl, alleingelassen worden zu sein und das Bedauern, ihm meinen Reisesegen verwehrt zu haben.
Sonst gibt es keine Toten und noch nicht einmal Kranke. Wir sind einfach alle gesund geblieben in diesen zwei Jahren, gewachsen an einer Krise, die mich nichts anzugehen scheint, mit der ich nicht viel anfangen kann. Gesundheit? Mach ich selber. Sport? Yoga auf dem großen Wollteppich. Lustbarkeiten? Freude kommt von innen bzw. passiert in Innenräumen mit Freunden. Es gibt nur zwei Ausstellungen, deren Zugangsverwehrung ich minimal bedauere -- die in der städtischen Galerie mit jungen, eventuell sogar aufregenden Künstlern und jene im Handwerksforum mit der Verleihung eines Designpreises.
Es ist viel gedacht, gesagt, belacht und beweint worden. In diesem Sinne eine erkenntnisreiche Zeit, die zwei C-Jahre, eine Art Krieg mit Attacken, Schuldzuweisungen, falschen Flaggen und freundlichem Feuer. Ich habe standgehalten.
akrabke | 19. Januar 2022, 19:18 | 0 Kommentare
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Topic: natur
So geht die Zeit dahin -- gestern wusste ich beim besten Willen nicht, ob Mittwoch oder Donnerstag ist. Der Blick in das Kalenderbüchlein brachte keine Erhellung, da stand nichts, was diesen Tag von den vorhergehenden unterscheiden könnte.
Obwohl es grau ist draußen, bin ich voller Farben, gestalte Vier-Reihen-Muster fürs Weben, wühle in den Wollvorräten herum und stelle immer neue Kombinationen zusammen. Im Wald entzückt mich das Hellgrau der zarten, langstengeligen Pilze, die der Bildhauer auf ein gelbgrünes Ahornblatt legt. Atemberaubend die graugrünen Stämme der Buchen, hinter denen seltenes Lichtblau scheint oder, wieder am Boden eine orangegetönte Laubdecke, auf die spirrelige, noch grüne Eschenblätter geweht werden.
Die Webarbeit regt meine Sinne auf angenehme Weise an. Die Muster, die sich drillend durch eine Anzahl quadratischer Brettchen, durch die vier Fäden geführt werden, ergeben, müssen dermaßen stark abstrahiert werden, dass aus Rippen Gräten oder Äste werden, aus Linien Schichten, und wieder andere Anmutungen des gleichen Musters mit anderen Farbzusammenstellungen. Manchmal kann ich darüber nachts nicht schlafen, schalte das Licht wieder ein, skizziere kurz eine Idee, Licht gelöscht, neue Muster erscheinen vor dem inneren Auge und so geht es über Stunden.
Es ist alles besser und tausendmal schöner als an die Situation zu denken, in die wir global seit vielen Monaten immer tiefer und tiefer hinein--, was ist das Wort dafür, -gleiten, streben, manövriert werden? Im bunten Wald gedenken wir der Ahnen und erbitten Klärung, Führung und Durchhaltevermögen, während der rauchende Beifuß eine weitere Farbschattierung durch den Raum schickt, wir hören Stimmen und suchen herumblickend die dazugehörenden Menschen, bis wir erkennen, dass die feuchten Bäume selbst das Raunen verursachen, deren hohe Stämme sich im leichten Wind reiben.
Obwohl es grau ist draußen, bin ich voller Farben, gestalte Vier-Reihen-Muster fürs Weben, wühle in den Wollvorräten herum und stelle immer neue Kombinationen zusammen. Im Wald entzückt mich das Hellgrau der zarten, langstengeligen Pilze, die der Bildhauer auf ein gelbgrünes Ahornblatt legt. Atemberaubend die graugrünen Stämme der Buchen, hinter denen seltenes Lichtblau scheint oder, wieder am Boden eine orangegetönte Laubdecke, auf die spirrelige, noch grüne Eschenblätter geweht werden.
Die Webarbeit regt meine Sinne auf angenehme Weise an. Die Muster, die sich drillend durch eine Anzahl quadratischer Brettchen, durch die vier Fäden geführt werden, ergeben, müssen dermaßen stark abstrahiert werden, dass aus Rippen Gräten oder Äste werden, aus Linien Schichten, und wieder andere Anmutungen des gleichen Musters mit anderen Farbzusammenstellungen. Manchmal kann ich darüber nachts nicht schlafen, schalte das Licht wieder ein, skizziere kurz eine Idee, Licht gelöscht, neue Muster erscheinen vor dem inneren Auge und so geht es über Stunden.
Es ist alles besser und tausendmal schöner als an die Situation zu denken, in die wir global seit vielen Monaten immer tiefer und tiefer hinein--, was ist das Wort dafür, -gleiten, streben, manövriert werden? Im bunten Wald gedenken wir der Ahnen und erbitten Klärung, Führung und Durchhaltevermögen, während der rauchende Beifuß eine weitere Farbschattierung durch den Raum schickt, wir hören Stimmen und suchen herumblickend die dazugehörenden Menschen, bis wir erkennen, dass die feuchten Bäume selbst das Raunen verursachen, deren hohe Stämme sich im leichten Wind reiben.
akrabke | 19. November 2021, 15:50 | 0 Kommentare
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Topic: Wiederholungen
Morgen jährt sich zum 20. Mal Das Ereignis. An jenem Tag befand ich mich bei den Schwiegereltern der Bestenfreundin in China. Hier war es bereits Nacht, ich chattete gerade auf dem Musikforum mit Begeisterten aus der ganzen Welt, da begannen Mitstreiter, Beiträge von den Vorgängen zu posten. Ich wollte gerade schlafen gehen, eine weitere Chatrunde zu einem neuen Thema hatte mich nicht wachhalten mögen. Ich ging ins Wohnzimmer und da saß schon Gègè, der (Groß-)Vater und die anderen und sahen fern. Die Türme stürzten gerade ein, diese Bilder brachten uns dennoch nicht dazu, die Bestefreundin aufzuwecken. All das hätte bis morgen Zeit. Vielmehr herrschte ein schadenfrohes Gegrinse und Gekichere, soso, jetzt kriegen die Amis ihr Fett weg, was ich nicht verstand.
Nun ist heute, und noch immer bediene ich mich eher alternativer (sozialer) Medien, um Wissensgebiete zu erschließen. Ich betätige mich nicht mehr aktiv mit Meinung und eigenen Artikeln, aber recherchiere hier an vorderster Front und bin gewohnt, mit Möglichkeiten aka Voraussagen bzw. Gerüchten umzugehen. Zum morgigen Jahrestag gibt es großartigste Ankündigungen (und auch Befürchtungen) -- von einer Wiederholung des Ereignisses wird gesprochen, oder der Apokalypse gar, die von Johannes ausgerufen ward/wird (die des jetzigen Johannes allerdings bereits im letzten Monat).
Wir werden sehen. In meiner Seele herrscht eine Müdigkeit über all diese Dinge, ein plötzliches Desinteresse am politischen Geschehen, welches sich bisher wie ein äußerst spannender Roman gelesen hat; an den Schwurbelfreunden, die mich eineinhalb Jahre begleitet haben, sie alle entlarven sich zur Zeit und ich weiß nicht, wem noch zu trauen ist. Als einzige Richtung scheint mir das Zurück zur Lehre meines geliebten Swamis. Was hätte er gesagt -- welche lecture würde er heute abend geben? Swami hat sich stets zu weltpolitischen Themen geäußert, hat Bücher geschrieben und Staatshäupter beraten und dabei war seine Aufmerksamkeit ungebrochen auf das Gute gerichtet. Würde er sagen, kümmert euch nicht um das Spiel der Maya? Fragt nicht lange, woher der Fleck im Gewand kommt, sondern reinigt es? Konzentriert euch auf das Gute und versammelt all diese Kraft -- die im Übrigen nur aus dem Innern kommen kann?
Falls der Strom ausfällt oder das Internet kaputt geht -- ich bin hier in meiner mit Walnussbäumen umstandenen kleinen sonnigen Dachwohnung mit einem übersichtlichen Vorrat an nahrhaften Lebensmitteln, bleibe konzentriert auf Schönheit und Freude. Und vielleicht bekomme ich meine Socken zuendegestrickt.
PS Sehen Sie Fragezeichen statt Gedankenstriche? Ich auch. Hab ich jetzt geändert.
Nun ist heute, und noch immer bediene ich mich eher alternativer (sozialer) Medien, um Wissensgebiete zu erschließen. Ich betätige mich nicht mehr aktiv mit Meinung und eigenen Artikeln, aber recherchiere hier an vorderster Front und bin gewohnt, mit Möglichkeiten aka Voraussagen bzw. Gerüchten umzugehen. Zum morgigen Jahrestag gibt es großartigste Ankündigungen (und auch Befürchtungen) -- von einer Wiederholung des Ereignisses wird gesprochen, oder der Apokalypse gar, die von Johannes ausgerufen ward/wird (die des jetzigen Johannes allerdings bereits im letzten Monat).
Wir werden sehen. In meiner Seele herrscht eine Müdigkeit über all diese Dinge, ein plötzliches Desinteresse am politischen Geschehen, welches sich bisher wie ein äußerst spannender Roman gelesen hat; an den Schwurbelfreunden, die mich eineinhalb Jahre begleitet haben, sie alle entlarven sich zur Zeit und ich weiß nicht, wem noch zu trauen ist. Als einzige Richtung scheint mir das Zurück zur Lehre meines geliebten Swamis. Was hätte er gesagt -- welche lecture würde er heute abend geben? Swami hat sich stets zu weltpolitischen Themen geäußert, hat Bücher geschrieben und Staatshäupter beraten und dabei war seine Aufmerksamkeit ungebrochen auf das Gute gerichtet. Würde er sagen, kümmert euch nicht um das Spiel der Maya? Fragt nicht lange, woher der Fleck im Gewand kommt, sondern reinigt es? Konzentriert euch auf das Gute und versammelt all diese Kraft -- die im Übrigen nur aus dem Innern kommen kann?
Falls der Strom ausfällt oder das Internet kaputt geht -- ich bin hier in meiner mit Walnussbäumen umstandenen kleinen sonnigen Dachwohnung mit einem übersichtlichen Vorrat an nahrhaften Lebensmitteln, bleibe konzentriert auf Schönheit und Freude. Und vielleicht bekomme ich meine Socken zuendegestrickt.
PS Sehen Sie Fragezeichen statt Gedankenstriche? Ich auch. Hab ich jetzt geändert.
akrabke | 10. September 2021, 12:17 | 0 Kommentare
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Topic: Alkohol
Ich habe eine neue Rubrik aufgemacht; Alkohol. Inmitten der Bedrängnis öffnen sich Lücken. Die Busenfreundin wie auch andere stellen wieder im Park des Rittergutes aus, Diesmal bin ich "nur" die Muse (und Assistentin) meines Bildhauers, der eine Art Weidendom aus ansässigen Materialien flicht. Ich flechte mit, dazu Brennesseln und Pferdemist, soeben hat mich der Bildhauer nach Hause gebracht, weil ich von der Vernissage (wg. Alk.) es nicht mehr allein mit dem Rad nach Hause schaffe, dazu meine Lämpchen, deren Fehlen neulich eine Buße von 20 Mark usw. Der Busenfreundin weinbringender Freund nebst Bruder haben mich betrunken gemacht, die Kuratorin gesteht, ihr einziges Problem seien ihre fusseligen Haare bei Luftfeuchtigkeit, haha, und wir hatten neue (alte) Freunde getroffen im Dunkel des Parks, das mittlerweile hereingebrochen ward, und die neuen Alten hatten uns als neue Peergroup gefunden und wir sie sofort per sinnlosestem Gewitzel und grenzüberschreitendem Ausgefrage als Freunde Willkommen geheißen, und es wurde umarmt und getrunken und so weiter, dass es seine Freude hatte. Die Rhetorikerin, wo gehören die Hs jetzt rein, brachte politische Bits, die ich in meine Erwägungen miteinbeziehen will, und über allem diese Körperlichkeit, dieses Umarme, diese so lang entbehrte Warmherzigkeit und Nähe wie eine Zweitgesellschaft mit Freiheit und überbordender Freude und sinnfreiem Gefasel nach Zeiten wo jedes, aber auch jede Geste als Symbol für Zweifelhaftes und Böses gesehen ward -- ich selbst stets mit dem V grüßend -- alles ward nur Symbol für wieder Alles, in einem Zwang wie ein Gefängnis aus Eisen, am Wochenende dachte ich, ich säße nun komplett in der Falle, und Dudi sagte Dinge, die mich unglaublich traurig machten und welcher Ausweg nun? Will ich diesen wunderbaren Planeten denn schon verlassen?
Geduld.

Derweil innerhalb des Weidengeflechts, an dem wir seit zwei Wochen arbeiten und es keinen Eingang gibt und es sich ergeben hat, dass wir auch keinen wollen, das Gras unberührt weiterwächst, während wir außenrum alles plattgetreten haben, und man nur durch Kontemplation des Inneren hineinkommt, das ist so unglaublich berührend, dass ich es kaum aushalte. Und selbst diese Lehre, die ich mir selbst erteile, will nicht/sträubt sich einzudringen, ich sträube mich selbst und weiß doch um ihre Wahrheit.
Schönheit und Freude. Ist hier, doch unbegreiflich.
Geduld.

Derweil innerhalb des Weidengeflechts, an dem wir seit zwei Wochen arbeiten und es keinen Eingang gibt und es sich ergeben hat, dass wir auch keinen wollen, das Gras unberührt weiterwächst, während wir außenrum alles plattgetreten haben, und man nur durch Kontemplation des Inneren hineinkommt, das ist so unglaublich berührend, dass ich es kaum aushalte. Und selbst diese Lehre, die ich mir selbst erteile, will nicht/sträubt sich einzudringen, ich sträube mich selbst und weiß doch um ihre Wahrheit.
Schönheit und Freude. Ist hier, doch unbegreiflich.
akrabke | 03. September 2021, 00:00 | 0 Kommentare
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Topic: Einpunktigkeit
Es hat sich einiges angesammelt. Identifikationen, Anhaftungen, Ungeklärtes, beinahe Erledigtes. Alles hat Substanz. Laut den Vedas besteht der Geist aus der feinsten Art von Stofflichkeit, er ist bereits Materie. Der Geist bewegt die Materie, nicht umgekehrt (die genaue Definition von Bewusstsein soll hier nicht Gegenstand der Betrachtung sein).
Es ist mir ein Bild zugefallen, eine Visualisierung des Bindu, des Punktes der Meditation.
/// Sich ein dreidimensionales Objekt vorstellen, irgendeine Art von Körper, ob Würfel, Kugel oder Kartoffel. Er hat Länge, Breite und Tiefe und ist stofflich.
// Reduziert auf zwei Dimensionen wird das Objekt zur Silhouette, wie ein Scherenschnitt oder ein Schatten auf einem Papier, hat Länge und Breite, aber keine messbare Tiefe.
/ Das imaginierte Stück Papier von der Seite betrachtet wird zur Linie, zum reinen Strich, es ist nun bloß noch in einer Dimension vorhanden, Breite oder Höhe.
. Die Linie wiederum derart gedreht, als würde man auf ihre Spitze schauen, stellt sich nun als Punkt dar.
Dies ist der Bindu. Der Bindu ist keine mikroskopische Verkleinerung eines Objektes, auch kein Atom, sondern die Reduktion eines Objektes auf Keine Dimension (im Raum).
Weil er dimensionslos ist, nimmt er keinen Raum ein.
Indem man ihn innerhalb des Körpers visualisiert, z. B. zwischen den Augen oder im Herzen, lässt sich der Bindu betreten und der Geist (oder das Empfinden) wird ebenso dimensionslos bzw. unendlich, und damit auch unbeschreiblich.
Aus dem Bindu wieder heraus in die Dimensionen einzugehen, ist auf eine großartige Weise enttäuschend, der rückgebildete Raum wirkt wie ein sehr schlichtes Dickicht aus Länge-Breite-Tiefe, in dem nichts Interessantes geschieht.
/////// Bis die Identifikationen, Anhaftungen, Vorlieben, Abneigungen und Spiele wieder Gewicht bekommen.
So entsteht die Welt im Geist.
Es ist mir ein Bild zugefallen, eine Visualisierung des Bindu, des Punktes der Meditation.
/// Sich ein dreidimensionales Objekt vorstellen, irgendeine Art von Körper, ob Würfel, Kugel oder Kartoffel. Er hat Länge, Breite und Tiefe und ist stofflich.
// Reduziert auf zwei Dimensionen wird das Objekt zur Silhouette, wie ein Scherenschnitt oder ein Schatten auf einem Papier, hat Länge und Breite, aber keine messbare Tiefe.
/ Das imaginierte Stück Papier von der Seite betrachtet wird zur Linie, zum reinen Strich, es ist nun bloß noch in einer Dimension vorhanden, Breite oder Höhe.
. Die Linie wiederum derart gedreht, als würde man auf ihre Spitze schauen, stellt sich nun als Punkt dar.
Dies ist der Bindu. Der Bindu ist keine mikroskopische Verkleinerung eines Objektes, auch kein Atom, sondern die Reduktion eines Objektes auf Keine Dimension (im Raum).
Weil er dimensionslos ist, nimmt er keinen Raum ein.
Indem man ihn innerhalb des Körpers visualisiert, z. B. zwischen den Augen oder im Herzen, lässt sich der Bindu betreten und der Geist (oder das Empfinden) wird ebenso dimensionslos bzw. unendlich, und damit auch unbeschreiblich.
Aus dem Bindu wieder heraus in die Dimensionen einzugehen, ist auf eine großartige Weise enttäuschend, der rückgebildete Raum wirkt wie ein sehr schlichtes Dickicht aus Länge-Breite-Tiefe, in dem nichts Interessantes geschieht.
/////// Bis die Identifikationen, Anhaftungen, Vorlieben, Abneigungen und Spiele wieder Gewicht bekommen.
So entsteht die Welt im Geist.
akrabke | 23. August 2021, 23:35 | 0 Kommentare
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Topic: gesehen
Der Abendspaziergang führt mich zu den nahen Auen. Hier ist alles irgendwie stadtnah, auch die Natur. Manchmal fühle ich mich wie in einem riesigen liebgemeinten Zoogelände für Menschen -- die vielen Kaninchen, die vor mir ins Gebüsch zurückhoppeln, zeigen mir aber, dass gesorgt ist für alle Wesen, die hier siedeln. Auf meinem Weg gibt es Brücken, Alleen, Wehre, Mündungen -- ich gehe hier oft, aber im Jahreslauf ergibt sich stets ein neuer Blick, jetzt, Ende Juli, steht das Gebüsch hoch, die Pfade sind zertreten und trocken, die vielen, damals frisch aufgebrochenen Maulwurfshügel flach und steinern unter meinen dünnen Sohlen. Je später ich losgehe, umso weniger Menschen treffe ich. Um sechs Uhr ist noch viel Lärm am Spielplatz, der auch für Erwachsene Übungsgeräte und Reckstangen bereitstellt, an der belebten Skaterbahn, und vorn sitzen zwei junge Frauen auf einer Decke und halten ihre Zigaretten so wie ich mir rauchende Frauen im Großreich Persien vorstelle, ich lächele breit und sage etwas zu ihnen, das sie nach einem Moment der Unsicherheit zurücklächeln lässt.
Jetzt, später am Tag, ist es stiller dort. Es ist noch so warm, dass ich sofort schwitze, ich mache aus dem Gang eine Übung im Gehen, Schritt für Schritt, den Rücken gerade, die Schultern zurück. In der Allee blickt man zur Rechten über einige Kiesteiche, ich sehe die Schwäne, noch liegen all die umgestürzten Baumriesen des Orkans vor einigen Jahren wie ausgestellt. In einem anderen Jahr gab es dieses Hochwasser, als mein Bildhauer auf dem Gelände des Rittergutes ein Objekt zeigen konnte, einen Nachbau des Laubenvogels, das komplett im Wasser versank. Der kleine Bach, über den ich jetzt gehe, hatte damals die gesamte Gegend überschwemmt, die Busenfreundin blies ihr Paddelbot auf und fuhr mit den Kindern der Adligen (des Rittergutes) über die Wiesen des Gutes, die grün und saftig unter der Wasseroberfläche schimmerten, bis am nächsten Tag alles oll und matschig wurde und nach weiteren Tagen einen üblen Gestank verbreitete. Erst später begriff ich, dass es der Geruch von Aas war, von ertrunkenen Tieren in ihren Erdhöhlen, die mit der schwärenden Pampe vermischt als unguter Odem um das Rittergut zogen und uns den Aufenthalt verekelten.
Das Wasser stand so hoch, dass sogar das kleine Deichtor geschlossen wurde, durch das ich mit meinem Mütterlein oft spazieren fuhr. Vom Deich aus wies ich ihr Richtung Wiese, Weg und Brücke, alles war nurmehr ein einziger See, wo wir vorher die Störche hatten klappern hören. Ob sie es damals schon nicht mehr begriff, wo wir waren, weiß ich nicht.
Mein Weg geht weiter zum Stadtsee, es gibt einen Kiosk, an dem ich manchmal ein Eis kaufe, über den See nach links der Blick zum Rathaus, Tretboote, die aussehen wie Autos, ich kann mit diesem Ort nicht viel anfangen, einmal bin ich mit dem Mütterlein ins Schiff gestiegen und fragte den Kapitän, wohin fahren Sie denn, er sah mich belustigt an und entgegnete, wohin soll's denn gehen, eigentlich wollte nur ich wissen, wo überall er hält, und ob ich mit dem Mütterlein und ihrem Rollstuhl hier wieder zurückkomme.
Auf dem zeitlichen Scheitelpunkt des Gangs befindet sich das Wehr. Soeben las ich, dass es 1928 gebaut wurde, und dann 2019 erneuert, das hatte ich verfolgt, jetzt sind die Flächen begrast, die Treppe für die Paddler installiert, auf der Schräge des Ablaufs picken Enten an wässrigem Grün, der Haufen angeschwemmten Holzes des damaligen Hochwassers hat sich gesetzt und ist mit langen Grashalmen bewachsen. Ich finde es schön, dass niemand es wegräumt, vielleicht eine zükünftige Landzunge, ich war bei ihrem Entstehen dabei.
Der Rest des Weges ist praktisch neu. Der Asphaltbelag ist neu, wunderbar glatt, ich bin dort als Erste gegangen, als er schwarz glänzte und die Absperrungen noch standen. Das Erdreich war frisch gefurcht, jetzt ist es bewachsen mit mannshohen Pflanzen und später gehe ich am neuen Statteil vorbei, die Architektur der Wohnanlagen gefällt mir, man sieht auf den Fluss von Balkonen herab, gegenüber alte Häuser aus der Gründerzeit, die Brücke, die in meinen Stadtteil führt, rechts davon das hohe alte Backsteingebäude, danach die schlimme Bausünde der 70er, vielleicht einen Kilometer nach Westen, alles zerfällt dort, Investoren streiten sich mit der Stadt, es sieht aus wie nach dem Krieg.
Fast bin ich Zuhause, muss nur noch vorbei an diversen Ristorantes, die auf Bürgersteigen rechts und links Essen bereitstellen, der Durchgang ist schmal, Servicepersonal mit Masken, ich quetsche mich ohne vorbei, es macht alles gar keinen Sinn.
Wenn man Geburtstag plant, aber keine Gäste einlädt, hat man Bier und Wein im Überfluss. Im Laufe dieses Textes habe ich zwei große Biobiere genossen und bin jetzt halbwegs betrunken. Gut, dass die Batterie des Rechners hält, so muss ich nicht aufstehen und evtl. torkeln. Die Nachbarn höre ich von hier aus der Küche, es ist ein entspanntes Lachen, das tut mir gut nach all dem Quatsch der Welt, den ich immer noch höchst aufmerksam verfolge.
Jetzt, später am Tag, ist es stiller dort. Es ist noch so warm, dass ich sofort schwitze, ich mache aus dem Gang eine Übung im Gehen, Schritt für Schritt, den Rücken gerade, die Schultern zurück. In der Allee blickt man zur Rechten über einige Kiesteiche, ich sehe die Schwäne, noch liegen all die umgestürzten Baumriesen des Orkans vor einigen Jahren wie ausgestellt. In einem anderen Jahr gab es dieses Hochwasser, als mein Bildhauer auf dem Gelände des Rittergutes ein Objekt zeigen konnte, einen Nachbau des Laubenvogels, das komplett im Wasser versank. Der kleine Bach, über den ich jetzt gehe, hatte damals die gesamte Gegend überschwemmt, die Busenfreundin blies ihr Paddelbot auf und fuhr mit den Kindern der Adligen (des Rittergutes) über die Wiesen des Gutes, die grün und saftig unter der Wasseroberfläche schimmerten, bis am nächsten Tag alles oll und matschig wurde und nach weiteren Tagen einen üblen Gestank verbreitete. Erst später begriff ich, dass es der Geruch von Aas war, von ertrunkenen Tieren in ihren Erdhöhlen, die mit der schwärenden Pampe vermischt als unguter Odem um das Rittergut zogen und uns den Aufenthalt verekelten.
Das Wasser stand so hoch, dass sogar das kleine Deichtor geschlossen wurde, durch das ich mit meinem Mütterlein oft spazieren fuhr. Vom Deich aus wies ich ihr Richtung Wiese, Weg und Brücke, alles war nurmehr ein einziger See, wo wir vorher die Störche hatten klappern hören. Ob sie es damals schon nicht mehr begriff, wo wir waren, weiß ich nicht.
Mein Weg geht weiter zum Stadtsee, es gibt einen Kiosk, an dem ich manchmal ein Eis kaufe, über den See nach links der Blick zum Rathaus, Tretboote, die aussehen wie Autos, ich kann mit diesem Ort nicht viel anfangen, einmal bin ich mit dem Mütterlein ins Schiff gestiegen und fragte den Kapitän, wohin fahren Sie denn, er sah mich belustigt an und entgegnete, wohin soll's denn gehen, eigentlich wollte nur ich wissen, wo überall er hält, und ob ich mit dem Mütterlein und ihrem Rollstuhl hier wieder zurückkomme.
Auf dem zeitlichen Scheitelpunkt des Gangs befindet sich das Wehr. Soeben las ich, dass es 1928 gebaut wurde, und dann 2019 erneuert, das hatte ich verfolgt, jetzt sind die Flächen begrast, die Treppe für die Paddler installiert, auf der Schräge des Ablaufs picken Enten an wässrigem Grün, der Haufen angeschwemmten Holzes des damaligen Hochwassers hat sich gesetzt und ist mit langen Grashalmen bewachsen. Ich finde es schön, dass niemand es wegräumt, vielleicht eine zükünftige Landzunge, ich war bei ihrem Entstehen dabei.
Der Rest des Weges ist praktisch neu. Der Asphaltbelag ist neu, wunderbar glatt, ich bin dort als Erste gegangen, als er schwarz glänzte und die Absperrungen noch standen. Das Erdreich war frisch gefurcht, jetzt ist es bewachsen mit mannshohen Pflanzen und später gehe ich am neuen Statteil vorbei, die Architektur der Wohnanlagen gefällt mir, man sieht auf den Fluss von Balkonen herab, gegenüber alte Häuser aus der Gründerzeit, die Brücke, die in meinen Stadtteil führt, rechts davon das hohe alte Backsteingebäude, danach die schlimme Bausünde der 70er, vielleicht einen Kilometer nach Westen, alles zerfällt dort, Investoren streiten sich mit der Stadt, es sieht aus wie nach dem Krieg.
Fast bin ich Zuhause, muss nur noch vorbei an diversen Ristorantes, die auf Bürgersteigen rechts und links Essen bereitstellen, der Durchgang ist schmal, Servicepersonal mit Masken, ich quetsche mich ohne vorbei, es macht alles gar keinen Sinn.
Wenn man Geburtstag plant, aber keine Gäste einlädt, hat man Bier und Wein im Überfluss. Im Laufe dieses Textes habe ich zwei große Biobiere genossen und bin jetzt halbwegs betrunken. Gut, dass die Batterie des Rechners hält, so muss ich nicht aufstehen und evtl. torkeln. Die Nachbarn höre ich von hier aus der Küche, es ist ein entspanntes Lachen, das tut mir gut nach all dem Quatsch der Welt, den ich immer noch höchst aufmerksam verfolge.
akrabke | 23. Juli 2021, 23:34 | 0 Kommentare
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Topic: Liebes Tagebuch
Ab und zu träume ich von Trump, was mir hierzulande wahrscheinlich als Geschmacklosigkeit ausgelegt würde. Es sind aber Träume voller Witz und Lebendigkeit mit (bereits im Traum) leicht zu deutenden Symbolen, und die Geschehnisse würdigen mich als souveränes Mitglied einer geheimen Freischar, die zum Wohle der Menschheit agiert.
Trotzdem habe ich meine Zweifel. An allem eigentlich.
Heute an meinem Geburtstag fühle ich mich des Offenseins müde und meide das Gerät, das ich nur nochmal angeworfen habe, um diesen Text zu schreiben. Ich könnte mir vorstellen, was diese Zweifel endgültig ausräumen könnte, aber solch eine Situation will noch nicht eintreten. Wieder lese ich das letzte Kapitel von Doris Lessings Shikasta, das vermag, apokalyptische Gedanken zu besänftigen. Kassim Sherban, der unterwegs ist, um seinen Platz in der Welt zu finden, schreibt an seine Familie: Ich habe begriffen, dass dieser vage, ausdruckslose Blick in die Vergangenheit gehört. Er passt nicht zu uns, wie wir jetzt sind. Haltet Ihr es für möglich, dass wir vielleicht nicht so sehr das Schreckliche vergessen, als vielmehr, dass wir nie geglaubt haben, dass es geschah?"
Eines noch würde ich mir heute wünschen: dass mein Muttelchen mich Liebchen nennt.
Trotzdem habe ich meine Zweifel. An allem eigentlich.
Heute an meinem Geburtstag fühle ich mich des Offenseins müde und meide das Gerät, das ich nur nochmal angeworfen habe, um diesen Text zu schreiben. Ich könnte mir vorstellen, was diese Zweifel endgültig ausräumen könnte, aber solch eine Situation will noch nicht eintreten. Wieder lese ich das letzte Kapitel von Doris Lessings Shikasta, das vermag, apokalyptische Gedanken zu besänftigen. Kassim Sherban, der unterwegs ist, um seinen Platz in der Welt zu finden, schreibt an seine Familie: Ich habe begriffen, dass dieser vage, ausdruckslose Blick in die Vergangenheit gehört. Er passt nicht zu uns, wie wir jetzt sind. Haltet Ihr es für möglich, dass wir vielleicht nicht so sehr das Schreckliche vergessen, als vielmehr, dass wir nie geglaubt haben, dass es geschah?"
Eines noch würde ich mir heute wünschen: dass mein Muttelchen mich Liebchen nennt.
akrabke | 21. Juli 2021, 22:17 | 0 Kommentare
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Topic: Die Kroenung
Die Kuratorin bestätigt, sie hätte den Flyer über den städtischen Verteiler an 900 Menschen per Post geschickt und nochmal 100 digital über ihre eigene Emailadresse. Die Ausstellung eines jungen, wie ich finde, vielversprechenden Künstlers war eröffnet und -- niemand kam. Da waren nur wir, ein paar Freunde und Mitstudenten, die Eltern und etwa zwei oder drei andere. Ich weiß nicht, was los ist. Seit der Wiedereröffnung bleibt man einfach weg. Erschreckend der Gedanke, dass oder wie überhaupt dem Bildungsbürgertum jedes kulturelle Interesse abhanden gekommen ist, vielleicht finden sie die Kuratorin bloß doof (die sich tatsächlich gern mit allen anlegt) oder man traut sich wirklich nicht mehr aus dem Haus, na klar, die recht lasch formulierten Schutzhinweise deuten auf eine gewisse antiautoritäre Haltung des Ortes, meine Güte, vielleicht brauchen die Leute es doch härter? Von 1.000 Eingeladenen erscheinen nur drei Gäste?
Statt dessen quatscht des Künstlervaters Mäzen (ein angeberischer Mann mit Geld, der zur Chefriege der Firma gehört, die ich eine Zeitlang mit Grafik-Design versorgt hatte) die Umsitzenden wiedermal mit seinen Indienreiseerfahrungen vor 50 Jahren voll. Es ist ein Trauerspiel.
Und nochwas: Kloster Bursfelde. Ich sage ab:
... für uns ist Bursfelde immer ein Ort des Rückzugs gewesen, gleichzeitig ein Ort, an dem wir so sein konnten wie wir sind -- wir fühlten uns im besten Sinne beschützt (ich hatte auch zwei Gespräche mit der Pastorin, die mich sehr getröstet haben); Bursfelde ebenso ein Ort, an dem alles Weltliche zurücktreten und wir uns um unsere Heilung bemühen konnten.
Die Aussicht, dass wir bei Erscheinen und fortan jeden zweiten Tag unsere Gesundheit beweisen müssen, behagt uns nicht, denn damit ist ein Element des Misstrauens ins Haus gelangt, das wir nicht teilen möchten.
Wir finden es allgemein äußerst bedauernswert, dass die Christliche Kirche während der sogenannten Pandemie keinen Schutz, kein Refuguim für ihre "Schäflein" anbieten konnte, im Gegenteil, sie hat ihre Häuser geschlossen und sich den Vorgaben der Politik gebeugt.
Das tut uns wirklich weh, und weil wir uns nicht willkommen fühlen, kommen wir auch nicht.
Vielen herzlichen Dank für all Ihre Mühe, Frau R., und ein trauriges Lebewohl an die Pastoren.
Statt dessen quatscht des Künstlervaters Mäzen (ein angeberischer Mann mit Geld, der zur Chefriege der Firma gehört, die ich eine Zeitlang mit Grafik-Design versorgt hatte) die Umsitzenden wiedermal mit seinen Indienreiseerfahrungen vor 50 Jahren voll. Es ist ein Trauerspiel.
Und nochwas: Kloster Bursfelde. Ich sage ab:
... für uns ist Bursfelde immer ein Ort des Rückzugs gewesen, gleichzeitig ein Ort, an dem wir so sein konnten wie wir sind -- wir fühlten uns im besten Sinne beschützt (ich hatte auch zwei Gespräche mit der Pastorin, die mich sehr getröstet haben); Bursfelde ebenso ein Ort, an dem alles Weltliche zurücktreten und wir uns um unsere Heilung bemühen konnten.
Die Aussicht, dass wir bei Erscheinen und fortan jeden zweiten Tag unsere Gesundheit beweisen müssen, behagt uns nicht, denn damit ist ein Element des Misstrauens ins Haus gelangt, das wir nicht teilen möchten.
Wir finden es allgemein äußerst bedauernswert, dass die Christliche Kirche während der sogenannten Pandemie keinen Schutz, kein Refuguim für ihre "Schäflein" anbieten konnte, im Gegenteil, sie hat ihre Häuser geschlossen und sich den Vorgaben der Politik gebeugt.
Das tut uns wirklich weh, und weil wir uns nicht willkommen fühlen, kommen wir auch nicht.
Vielen herzlichen Dank für all Ihre Mühe, Frau R., und ein trauriges Lebewohl an die Pastoren.
akrabke | 24. Juni 2021, 16:59 | 0 Kommentare
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