Die Schlagzeugerin und ich brüten über unseren jeweiligen Handarbeiten. Während sie Pailletten auf ihre selbstgestrickte Mütze näht, beschäftige ich mit dem Säumen von Dudis Jacke, schlechthin ein unerkanntes Meisterwerk, dessen Schwierigkeitsgrad noch nicht zu erahnen war, als sie nach einem einfachen Pulli aus Quadraten fragte. Der nun eine Jacke ist. Und einen Rand benötigt. Und Knöpfe. Evtl. mit einer Leiste. Ach ja, Bündchen auch noch.

Die Schlagzeugerin und ich hatten uns aus den Augen verloren. In der Band war ich nicht mehr, geplante oder zufällige Treffen gab es nur noch im Bioladen, in dem sie damals arbeitete. Ich hätte gerne Brötchen. Im Herbst lud sie mich, seit dem vorletzten Dekadenwechsel das erste Mal, zu ihrer Geburtstagsfeier. Ich wollte keinen Test machen und auch nicht beim Tortenessen oder Tanzen über das Thema reden müssen, so sagte ich ab, schlug aber ein baldiges Zweiertreffen vor. Und jetzt haben wir unser drittes Handarbeitsgruppenpaartreffen und nennen uns Mottenkäfer.

Ein berührender Moment, als sie zur Gitarre greift und mir eines ihrer berühmten Zwei-Akkorde-Lieder vorspielt. Mit lebendiger Stimme singt. Sie ist ein seltsamer Mensch. Sagt offen, sie sei eine Säuferin und näht sich blinkende Pailletten auf die Mütze. Wegen ihr hatte ich begonnen, Songs zu schreiben. Sie hat mir die ausgefallensten Bands vorgestellt. Ich fühle mich von ihr vollständig angenommen und auch ich habe sie ohne Wenn und Aber in mein Herz gelassen. Ihr Refugium unterm Giebel nennt sie Nähstübchen. Sie gibt jeder Gruppe, der sie angehört, einen Namen. Sie will nicht mit dem Saufen aufhören, sagt sie, denn es gäbe keinen Grund.