Auf dem Gelände ist nach 100 Jahren Bauzeit nun Ruhe eingekehrt. Die Familien sind in ihre großzügig geschnittenen Lofts gezogen und von hier, wo wir unser täglich Brot erarbeiten, können wir durch ihre Südostvollverglasungen sehen, was sie so machen. Tagsüber machen sie nichts, denn sie sind gar nicht da, weil sie nämlich ebenfalls arbeiten müssen. Auf dem Hof wurden Bäume gepflanzt, Laternen installiert und Bänke aufgestellt, es gibt ein paar kleinere Rasenflächen und drüben eine Art Loungelandschaft aus Holz. Gestern konnte man eine Fotografin beobachten, die eines der Lofts im Erdgeschoss ausgiebig ablichtete, dazu war drinnen alles an Leuchtmitteln angeschaltet, was Deckenstrahler und … ach, ich weiß jetzt nicht, welche Namen teures Gelamp trägt, aber sicherlich ist alles vom Feinsten. Beim Vorbeigehen erblickte ich Parkettfußboden, Küchenzeilen und sehr gerade glatte Wände. Glatte Wände habe ich daheim ja nicht, aber was mich wirklich neidisch macht, ist Parkettfußboden. Ich hätte gern Parkettfußboden und dann würde ich endgültig alle meine Möbel verkaufen, damit möglichst viel davon zu sehen wäre.

Dieser Text heute führt zu nichts, aber so sind nun meine Gedanken. Neid und Geiz bzw. Gier. Denn ebenfalls denke ich darüber nach, dass ich für einen Bittstellerjob nicht geschaffen bin. Ich habe einen schönen großen Pflanzen-Fotokalender gestaltet und 60 Stück davon drucken lassen, und sehe mich nun vor der Aufgabe, die Menschen davon in Kenntnis zu setzen, damit Sie mir eines dieser Freude verbreitenden Objekte für 19,90 abkaufen – wenn Sie also wollen …? Der kleinliche Persönlichkeitsanteil grübelt nachts darüber nach, ob das eine sinnvolle Investition war, oder bloß eine bescheuerte Idee, der andere Teil glaubt daran, dass alles so seine Richtigkeit hat, ist an Zahlen (Geld) nicht interessiert und praktiziert Karmayoga: Am besten alle Kalender verschenken. Und? Hat doch Spaß gemacht! Spaß für 450 EUR netto, kleinlicht die andere Seite. Dann geh ich lieber noch sechsmal zur zweistündigen Ganzkörper-Massage, blabla und so weiter.

Für eine Einkommens- und Verbrauchsstichprobe habe ich mich beim Statistischen Bundesamt verpflichtet und führe nun Buch über meine Ausgaben. Ich finde es wichtig, dass wir armen selbstständigen Kreativen darin auftauchen. Alkohol 4,80 im September, ein Bier vom Kiosk und ein Glas Rotwein mit der Buddhistin. Aber im Café Frühstücken mit der Leserin oder allein schlägt mit über 100 Euro zu Buche, meine Güte, genausoviel wie die Einkäufe im Bioladen.

Da ist es gut, dass ich mir meine Klamotten jetzt selbst stricke, die Wolle für einen Pullover hat 20 Euro gekostet, die emsigen Arbeitsstunden natürlich nicht mitgerechnet. Bei meinem normalen Stundensatz müsste so ein Kleidungsstück über 1.000 Euro kosten. Ich glaube nicht, dass ich potentielle Kunden von diesem Preis überzeugen könnte. Vielleicht sollte ich aber mal gegenüber in den Lofts fragen. Ist ein Unikat, ihr wisst schon. Euer Fußboden hat mindestens das Zehnfache gekostet.





Einer, den ich kenne, der hat sich einfach sein Parkett selbst gemacht aus Holzbrettern; das hat mir sehr imponiert. Irgend so was hat der gelernt, und da denke ich doch auch manchmal, was Studium ... Nicht mal stricken kann ich.
Aber Gelamp, das gefällt mir. Gelamp und Gelichter.

Ja, genau. Gelamp. Ist irgendwie phonetisch so dicht dran an Gelump. Zufall?

Ausgaben: Ich kriegte gestern ein Schreiben von der Bank, in dem mir mitgeteilt wurde, der Rahmen meines Dispokredites stünde in keinem angemessenen Verhältnis mehr zu meinen monatlichen Einnahmen. Darüber müsse man reden. Sehe ich ein. Trotzdem blöd.

Die beiden ersten Wohnungen, in denen ich zu Studentenzeiten gelebt habe, hatten Holzfußboden. Das eine waren Dielen, die ihre volle Schönheit erst enfalteten, als der Besitzer beschloss, die Untermieter seiner Tochter (also uns) hinauszusanieren und eine Yuppie-Bude aus dem Altbau zu machen. So viel zum Thema Geld und Ästhetik. Das Parkett in der zweiten Wohnung hatte einen abgefressenen Charakter und hatte unter Heizungslecks und fallengelassenen Blumengießkannen gelitten. Es wirkte immer ein bisschen schäbig und aufgequollen. Wenn man also nicht selbst im Besitz einer Eigentumswohnung und der Mittel ist, Vorhandenes schön zu sanieren, kann so ein Parkettboden auch ziemlich ranzig und schäbig sein.

Ach, das liebe Geld. Man wünscht sich auf der einen Seite, mehr Gestaltungsspielraum zu haben, aber auf der anderen Seite möchte man doch irgendwie auch nicht zu diesen Upperclass-Nasen gehören, die sich selbst allenfalls als Mittelklasse wahrnehmen und ihren Lebensraum nach Manufactum-Katalog zusammenstellen.

Manchmal liebäugele ich mit so was ...

Die Wagenburgsache hab ich auch immer im Hinterkopf, sehr sogar. Bei der Rente, die mich erwartet, muss ich mich zeitig um alternative Wohn- und Lebensformen kümmern. Vielleicht auch Ashram in Indien oder Umbrien.

Mir liegt das Lästern über andere GehaltsstufeninhaberInnen fern, und obwohl ich bekennende Altbaubewohnerin bin, steh ich gern auf teurem Fußboden und betrachte wertvolle Bilder, die an glatten weißen Wänden hängen.

Das Gelamp ist übrigens aus Gedöns entstanden, es ist ja aber spezielles Gedöns, nämlich Gelamp.

Wobei eine Lampe ja durchaus seriös wirken kann, aber selbst eine ernsthafte Dönse (geschweige denn einen Döns!) will keiner im Haus haben.

Hier nochmal:
http://tiny-houses.de/bauwagen-zirkuswagen-schaeferwagen/
Da isses dann egal, ob Lampen hängen. Das ganze Gedöns an sich ist einfach wunderbar!

Oh, wie schön. Das ist Eskapismus vom Feinsten; das heißt -- eigentlich gar nicht. Sieht ja schon nach Hand & Fuß aus.

Das finde ich auch wunderbar. Da möchte man gleich...

Ich habe ja mitunter schon vom Leben im Bauwagen geträumt, aber ich habe ein bisschen Angst vor den Bauwagenspießern. Ich neige in Gruppen dazu, nicht zu genügen. Oder Gruppen neigen dazu, mich als ungenügend zu empfinden. Meine Wohnung ist ja nicht so viel größer als ein Bauwagen (o.k., ein bisschen), das Wohnen mit möglichst wenigen Dingen auf kleinem Raum sagt mir durchaus zu. Aber ich ertrage keinen Gruppen- oder Pärchenzwang mehr, deshalb ziehe ich die Anonymität einer winzigen Wohnung in einem mehrstöckigen Haus (zur Zeit, vermutlich nicht in alle Ewigkeit) vor.

Das Verslein ich ertrage nicht mehr ... wird dieser Tage von vielen Freunden ausgesprochen. Überreizung, Überdruss, alles Über. In gewisser Weise mag ich das, denn es zeigt ja wo's nicht langggeht, nicht mehr weitergeht.