Topic: Musik
Die Bienen waren geschlüpft, aber während der kühlen Regentage hatten sie sich irgendwo verkrochen. Gestern taumelten sie in der windigen Sonne und ich beeilte mich, die neu vorbereitenen Nistmöglichkeiten anzubringen. Um meine Hände, die an Schnüren nestelten, flogen sie, ich bin ihre Vertraute, ihre Imkerin.
Der Bildhauer und ich verbrachten das Wochenende in meinem Arbeitszimmer, wir beide mit unseren jeweiligen Objekten beschäftigt, ab und zu ein kurzer Austausch, schau mal hier, schau du mal dort, ich habe die Stereoanlage und die Lautsprecher hergeschleppt und wir hörten uns durch unsere persönliche Musikgeschichte. (Mittlerweile stehen fast alle Möbel im kleineren Arbeitszimmer und das Wohnzimmer ist fast leer, es gibt nur das Sofa und den großen Wollteppich.)
Etwas haben wir noch nie gemacht, wir sind abends raus in die Eckkneipe auf ein Bier. Dort waren wir fast mit dem Barmann allein, drei Frauen saßen nebenan im Raucherraum. Wir grinsten, als wir merkten, dass wir uns nun um ein Gesprächsthema bemühen mussten. Die spotify-playlist des Barkeepers (Schnatterinchen sein Name) barg Gitarrenlastiges, rauhes Rockiges, und unsere musikalische Reise gewann noch einmal an Fahrt.
Die Busenfreundin und ich sind wieder zusammengekommen. Monate waren vergangen, die wir nicht miteinander gesprochen hatten, dann gab es einen Geburtstag bei der Tätowiererin, an dem wir uns vorsichtig nähern konnten. Es war auf eine Weise angenehm, meine Bedenken hatten sich verflüchtigt und ich merkte, dass auch sie von ihrer besten Seite zu zeigen sich bemühte. Sie entrümpelt stetig das Elternhaus und lud uns ein, stöbern zu kommen und etwas auszusuchen. Es gab Kaffee und Sekt mit Plätzchen, ich fand Bücher, ein schönes Stück Leder und einen Besen für Radiergummikrümel. Auf der Rückfahrt berichteten wir uns von den Besonderheiten der letzten Monate, ebenso vorsichtig, aufmerksam fragend und zuhörend.
Während der Therapiestunde ward das Mütterlein aufgestellt. Als ich auf ihrem Platz stand, wurde mir deutlich, dass sie meinem Groll mit vollkommenem Unverständnis begegnet, ihm regelrecht ausweicht, mit so einer Bewegung des Oberkörpers wie beim Aikido. Ich (an ihrer Stelle) dachte (über mich selbst), was hat sie bloß immer? Nach dem abschließenden Versprechen, mich um mich selbst zu kümmern (weil sie es nicht mehr kann), ist fühlbar eine nicht unangenehme Leerstelle zurückgeblieben. Ich weiß noch nicht genau, wie diese zu füllen ist.
Außerdem: Wieviele meiner Idole werden noch demontiert? Die Kommentarspalten sind voll von heftigst geführtem Gerede und ich fühle mich (als Fan, zudem als Frau) mindestens ebenso bepöbelt (behalte meine Ansichten aber für mich).
Der Bildhauer und ich verbrachten das Wochenende in meinem Arbeitszimmer, wir beide mit unseren jeweiligen Objekten beschäftigt, ab und zu ein kurzer Austausch, schau mal hier, schau du mal dort, ich habe die Stereoanlage und die Lautsprecher hergeschleppt und wir hörten uns durch unsere persönliche Musikgeschichte. (Mittlerweile stehen fast alle Möbel im kleineren Arbeitszimmer und das Wohnzimmer ist fast leer, es gibt nur das Sofa und den großen Wollteppich.)
Etwas haben wir noch nie gemacht, wir sind abends raus in die Eckkneipe auf ein Bier. Dort waren wir fast mit dem Barmann allein, drei Frauen saßen nebenan im Raucherraum. Wir grinsten, als wir merkten, dass wir uns nun um ein Gesprächsthema bemühen mussten. Die spotify-playlist des Barkeepers (Schnatterinchen sein Name) barg Gitarrenlastiges, rauhes Rockiges, und unsere musikalische Reise gewann noch einmal an Fahrt.
Die Busenfreundin und ich sind wieder zusammengekommen. Monate waren vergangen, die wir nicht miteinander gesprochen hatten, dann gab es einen Geburtstag bei der Tätowiererin, an dem wir uns vorsichtig nähern konnten. Es war auf eine Weise angenehm, meine Bedenken hatten sich verflüchtigt und ich merkte, dass auch sie von ihrer besten Seite zu zeigen sich bemühte. Sie entrümpelt stetig das Elternhaus und lud uns ein, stöbern zu kommen und etwas auszusuchen. Es gab Kaffee und Sekt mit Plätzchen, ich fand Bücher, ein schönes Stück Leder und einen Besen für Radiergummikrümel. Auf der Rückfahrt berichteten wir uns von den Besonderheiten der letzten Monate, ebenso vorsichtig, aufmerksam fragend und zuhörend.
Während der Therapiestunde ward das Mütterlein aufgestellt. Als ich auf ihrem Platz stand, wurde mir deutlich, dass sie meinem Groll mit vollkommenem Unverständnis begegnet, ihm regelrecht ausweicht, mit so einer Bewegung des Oberkörpers wie beim Aikido. Ich (an ihrer Stelle) dachte (über mich selbst), was hat sie bloß immer? Nach dem abschließenden Versprechen, mich um mich selbst zu kümmern (weil sie es nicht mehr kann), ist fühlbar eine nicht unangenehme Leerstelle zurückgeblieben. Ich weiß noch nicht genau, wie diese zu füllen ist.
Außerdem: Wieviele meiner Idole werden noch demontiert? Die Kommentarspalten sind voll von heftigst geführtem Gerede und ich fühle mich (als Fan, zudem als Frau) mindestens ebenso bepöbelt (behalte meine Ansichten aber für mich).
Topic: Arbeitstisch
Das Muttelchen begrüßt mich mich einem einzahnigen Lächeln. Wo hast du denn deine Zähne gelassen, frage ich belustigt. Und sie, die seit Monaten keinen zusammenhängenden Satz mehr von sich gegeben hat, kontert mit sehe ich hässlich aus? Keinesfalls, streichel ich ihr Gesicht und küsse sie, so schöne Haare und so helle Augen hast du! Später beobachte ich sie, wie sie sich mit einer für sie so typischen Bewegung am Hinterkopf rumnestelt, das Haar zu richten.
Es fällt mir immer schwerer sie zu besuchen, aber heute bin ich froh, mich endlich auf den Weg gemacht zu haben. Es hatte viel geregnet und ein Wegstück der Fluss-Auen Richtung Heim laufe ich mit den Gummistiefeln durch knöchelhohes Wasser. Der Stunde, die ich mit dem Mütterlein verbringe, stehen eineinhalb Stunden Spaziergang durch matschiges Bibergebiet gegenüber, und obwohl ich diesen Weg schon tausendmal gegangen bin, finde ich immer wieder Neues – eine Lichtstimmung, abgestorbenes Gehölz oder vom Biber Umgenagtes, Pflanzen im frischen Grün, dazwischen blüht schon etwas und ich lausche den besonderen Geräuschen des Hochwassers, in dem Zweige gluckernde Wirbel hervorrufen, eine der Krähen schießt mit einem rauhen Laut nah an meinem Kopf vorbei und ich rufe ihr Rüpel hinterher. Der Bildhauer will sie sich mit Leckerein gewogen machen, und da ich bei den Fütterungen oft dabei bin, erkennen sie mich vielleicht auch, mit meiner orangeroten Jacke bin ich kaum zu übersehen.
Auf dem Schreibtisch wartet der Fragebogen der Therapeutin, den auszufüllen mir einiges abverlangt. Nicht, dass ich um Worte verlegen bin, aber die Frage nach meinen größten Misserfolgen kann ich nicht beantworten. Misserfolg bedeutet doch, dass man sich ein Ziel gesetzt hat, das man nicht erreichen konnte, aus welchen Gründen auch immer, und darüber in Gram verfällt? Hatte oder habe ich Ziele, die sich nicht verwirklichen lassen? Beruflich? Privat? Mittlerweile kenne ich meine Fähigkeiten allzugut und strebe nichts an, was mich langfristig überfordert. Die (Kunst-)Objekte, an denen ich zur Zeit arbeite, und denen ich das Jahr widmen möchte, reizen mich sehr, aber überfordern mich nicht. Dennoch überraschen sie mich stets mit den Wendungen, die sich ergeben, wenn ich Materialien oder Techniken neu zusammenbringe, anordne, wieder verwerfe – nie weiß ich im Voraus, was daraus wird. Mit der neuen (alten) Nähmaschine umzugehen, bedeutet zum Beispiel, dass eine Naht nicht so wird, nicht so akkurat wie vorgesehen und dann binde ich das Missratene als charmantes Ergebnis mit ein; so macht man das wohl.
Es fällt mir immer schwerer sie zu besuchen, aber heute bin ich froh, mich endlich auf den Weg gemacht zu haben. Es hatte viel geregnet und ein Wegstück der Fluss-Auen Richtung Heim laufe ich mit den Gummistiefeln durch knöchelhohes Wasser. Der Stunde, die ich mit dem Mütterlein verbringe, stehen eineinhalb Stunden Spaziergang durch matschiges Bibergebiet gegenüber, und obwohl ich diesen Weg schon tausendmal gegangen bin, finde ich immer wieder Neues – eine Lichtstimmung, abgestorbenes Gehölz oder vom Biber Umgenagtes, Pflanzen im frischen Grün, dazwischen blüht schon etwas und ich lausche den besonderen Geräuschen des Hochwassers, in dem Zweige gluckernde Wirbel hervorrufen, eine der Krähen schießt mit einem rauhen Laut nah an meinem Kopf vorbei und ich rufe ihr Rüpel hinterher. Der Bildhauer will sie sich mit Leckerein gewogen machen, und da ich bei den Fütterungen oft dabei bin, erkennen sie mich vielleicht auch, mit meiner orangeroten Jacke bin ich kaum zu übersehen.
Auf dem Schreibtisch wartet der Fragebogen der Therapeutin, den auszufüllen mir einiges abverlangt. Nicht, dass ich um Worte verlegen bin, aber die Frage nach meinen größten Misserfolgen kann ich nicht beantworten. Misserfolg bedeutet doch, dass man sich ein Ziel gesetzt hat, das man nicht erreichen konnte, aus welchen Gründen auch immer, und darüber in Gram verfällt? Hatte oder habe ich Ziele, die sich nicht verwirklichen lassen? Beruflich? Privat? Mittlerweile kenne ich meine Fähigkeiten allzugut und strebe nichts an, was mich langfristig überfordert. Die (Kunst-)Objekte, an denen ich zur Zeit arbeite, und denen ich das Jahr widmen möchte, reizen mich sehr, aber überfordern mich nicht. Dennoch überraschen sie mich stets mit den Wendungen, die sich ergeben, wenn ich Materialien oder Techniken neu zusammenbringe, anordne, wieder verwerfe – nie weiß ich im Voraus, was daraus wird. Mit der neuen (alten) Nähmaschine umzugehen, bedeutet zum Beispiel, dass eine Naht nicht so wird, nicht so akkurat wie vorgesehen und dann binde ich das Missratene als charmantes Ergebnis mit ein; so macht man das wohl.
Topic: Arbeitstisch
Die Gespräche mit der Therapeutin sind fruchtbar. Ich kann aufräumen mit falsch interpretierter Esoterik und befinde mich, hoffentlich nicht zu rückläufig, wieder zwischen Animus und Anima – Konzepten, von denen ich schon vor 40 Jahren gelesen habe. Meine Träume dazu stellen sich mit Regelmäßigkeit ein und sind voller freudiger Symbole. Ich begegne dort tatsächlich meinem Animus, der alles das ist, was ich bin. Wieder fällt einiges zusammen, stimmt plötzlich, kann heilen und es bleibt der Reichtum im eigenen Innern zur freien Verfügung.
Kann ich sagen, die 15 Jahre des Studiums der altindischen Schriften hätten nichts gebracht? Mir scheint da jedenfalls eine Lücke zu klaffen – man übt so vor sich hin (z. B. Selbststudium, Mantrameditation, Atemkontrolle) und der Abstand zum echten Genuss des Vorgefundenen, Eigenen (doch bloß Maya) wird immer größer. Jedenfalls bei mir.
Jetzt bin ich auf dem Weg zu einer distanzierten und dennoch liebevollen Beziehung zum Mütterlein, innerhalb derer ich die Zeiten unserer Begegnungen selbst bestimme und darauf achte, nicht dauernd über meine Kraft zu gehen, sondern mich um meine Sachen zu kümmern. Mit meinem Vater (ich sehe tote Menschen) habe ich ein Einverständnis gefunden und seinen freundlichen Blick zu spüren, hat mich für vieles entschädigt. Jetzt schreibe ich noch ein paar Briefe an verschiedene Menschen (die nicht abgeschickt werden sollen, aber mit denen wir arbeiten können).
Auf dem Weg zur freien Kunst sind meine Einnnahmen noch weiter geschrumpft und damit mein Erspartes noch eine Weile hält, habe ich mir einen Anspruch auf Wohngeld erarbeitet, 191 EUR bekomme ich nun, damit kann ich die Therapie finanzieren und halbwegs entspannt den Bewegungen auf meinem Konto zusehen. Es steht ein schönes Buchprojekt bevor, das ich gestalten kann, wahrscheinlich wird es nach dem Sommer beginnen, wenn Fotos und Interviews fertig sind. Die eigene künstlerische Arbeit gedeiht, der Bildhauer hat mir eine Nähmaschine geschenkt, was für eine Freude, jetzt muss ich nicht alles per Hand arbeiten und kann mich auf die feinere Ausgestaltung der schnell vorgenähten Formen konzentrieren.
Ach. Es wird. Es blüht.
Kann ich sagen, die 15 Jahre des Studiums der altindischen Schriften hätten nichts gebracht? Mir scheint da jedenfalls eine Lücke zu klaffen – man übt so vor sich hin (z. B. Selbststudium, Mantrameditation, Atemkontrolle) und der Abstand zum echten Genuss des Vorgefundenen, Eigenen (doch bloß Maya) wird immer größer. Jedenfalls bei mir.
Jetzt bin ich auf dem Weg zu einer distanzierten und dennoch liebevollen Beziehung zum Mütterlein, innerhalb derer ich die Zeiten unserer Begegnungen selbst bestimme und darauf achte, nicht dauernd über meine Kraft zu gehen, sondern mich um meine Sachen zu kümmern. Mit meinem Vater (ich sehe tote Menschen) habe ich ein Einverständnis gefunden und seinen freundlichen Blick zu spüren, hat mich für vieles entschädigt. Jetzt schreibe ich noch ein paar Briefe an verschiedene Menschen (die nicht abgeschickt werden sollen, aber mit denen wir arbeiten können).
Auf dem Weg zur freien Kunst sind meine Einnnahmen noch weiter geschrumpft und damit mein Erspartes noch eine Weile hält, habe ich mir einen Anspruch auf Wohngeld erarbeitet, 191 EUR bekomme ich nun, damit kann ich die Therapie finanzieren und halbwegs entspannt den Bewegungen auf meinem Konto zusehen. Es steht ein schönes Buchprojekt bevor, das ich gestalten kann, wahrscheinlich wird es nach dem Sommer beginnen, wenn Fotos und Interviews fertig sind. Die eigene künstlerische Arbeit gedeiht, der Bildhauer hat mir eine Nähmaschine geschenkt, was für eine Freude, jetzt muss ich nicht alles per Hand arbeiten und kann mich auf die feinere Ausgestaltung der schnell vorgenähten Formen konzentrieren.
Ach. Es wird. Es blüht.
akrabke | 21. Februar 2020, 08:17 | 0 Kommentare
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Topic: Liebes Tagebuch
Beteigeuze sei dunkler geworden und Wissenschaftler erwarteten eine mögliche Supernova, berichte ich dem Bildhauer, Fachleute machten sich Sorgen darüber und er lacht laut ins Telefon: Was denn das für Sorgen seien, wenn in Sonstwo ein Stern zu erlöschen droht. Sternbild Orion, oben links, sach ich. Es sind ja keine Sorgen um die Ernte oder so, das dichte ich jetzt dazu, und wir führen ein launiges Morgengespräch über die je lustigsten Sorgen und nebenbei entwickeln wir eigene Regeln für Scrabble: Ausschließlich Eigen- und geografische Namen und Wörter, die deutsch klingen, man muss nur glaubhaft erklären, um was es sich dabei handelt.
Diese Gespräche tun mir gut und geben meiner Welt einen Halt. Sich Sorgen um Sterne zu machen, ist angenehmer als Sorgen ums Mütterlein. Oder die Schwester, den Neffen oder die Vergänglichkeit an sich. Das Neue Jahr fühlt sich seltsam alt an, das behaupten auch Freunde. Man denkt ja immer, so Kalender, jetzt mal los und dann sammeln sich wieder die regelmäßigen Termine in den Zeilen und alles sieht aus wie im Dezember oder November oder was es sonst noch für Monate gibt.
Also, vielleicht Rückblick/Vorschau wagen. Das Jahr war gut, Wetter hab ich vergessen, aber das sommerliche Stimmungshoch mit den Ausstellungsteilnahmen herausragend. Ich fühlte mich von mir selbst begehrt und Kontakte zu Freunden und Menschen in der Peripherie machten mich lebendig, wodurch die Schau in die Zukunft erfreulich leuchtet. Die künstlerische Arbeit nimmt weiter Formen an, jedes Objekt scheint aus unbekannten Tiefen zu wachsen. Ich kann mich damit selbst überraschen.
Dudis Sohn, mein Neffe, wird Vater im Sommer, und ich wäre dann offiziell Großtante, was ich cooler finde als Oma. Vielleicht sucht er zaghaft Kontakt, hier eine Nachfrage nach Autos, die in DE günstiger sind als in NL. Dort ein Interesse für die Geschichte seiner Ahnen. Weil Dudi mich und das Mütterlein (dauernd) hier besucht hat, gab es keinen Grund für mich, nach NL zu reisen. Und der Neffe saß sowieso in eigenen Schwierigkeiten fest, ohne jegliche Anteilnahme an Befindlichkeiten seiner Tante (also mich). Alle Veränderungen im neuen Jahr begrüße ich mit offenem Herzen.
Es gab gute originäre Denker zu entdecken, hier nur kurz genannt seien Jochen Kirchhoff, Gerald Hüther, Harald Welzer, Wolf-Dieter Storl, eine bunte Mischung aus Wissenschaft und populärer Philosophie. Und mich selbst natürlich, die kettenrauchende Denkerpose der Hannah Arendt nachahmend, bloß ohne Rauchen. Die Damen der Patriarchatsforschung möchte ich hier nicht einreihen, die sind mir tatsächlich zu zickig (aber indem ich sie erwähne, reihe ich sie mit ein als Anschubgeberinnen).
Es wird deutlich, dass (auch) ich eigene Maßstäbe zu entwickeln bzw. mich endlich danach zu richten habe. Meine Religionsforschungen sind an dem Punkt, dass ich keine der erforschten Ansätze hilfreich finde, sich Atman zu nähern. Vielleicht am ehesten den Hinduismus, der das Atman immerhin benennt. Eventuell hat das Christentum daraus die Jesusfigur entwickelt. Soweit ich das verstehe, hat es alle möglichen heidnischen Bilder für eigene Zwecke benutzt, was mich ziemlich traurig stimmt, denn diese sind weit davon entfernt authentisch zu sein.
Die vor kurzem begonnene Psychotherapie ging gestern in die dritte Sitzung. Eigentlich hatte ich geplant, darüber eine Art Tagebuch hier hinein zu schreiben, aber die Erkenntnisse sind eher subtiler statt brachialer Art und dazu gedacht, ins Wirrwarr sich widersprechender Philosopien eine erste Ordnung zu bringen. Schwer zu umschreiben. Die Gründe der Unordnung sindfalsch verstandene Zusammenhänge enggewordene Konzepte und daraus resultierende nicht besonders hilfreiche Glaubenssätze, die ermattet umeinander kreisen, und das schon seit Jahren. Dass jene Konzepte einst als notwendige Haltepunkte funktioniert haben, wurde gewürdigt (es war ja nicht alles komplett daneben). Des weiteren wurde beschlossen, darüber hinauszugehen mit selbst entdeckter Weisheit – dass dadurch Ungewissheit entstehen kann, liegt in der Natur jedes Hinausgehens und erfordert Vertrauen in die immanenten Kräfte.
Diese Gespräche tun mir gut und geben meiner Welt einen Halt. Sich Sorgen um Sterne zu machen, ist angenehmer als Sorgen ums Mütterlein. Oder die Schwester, den Neffen oder die Vergänglichkeit an sich. Das Neue Jahr fühlt sich seltsam alt an, das behaupten auch Freunde. Man denkt ja immer, so Kalender, jetzt mal los und dann sammeln sich wieder die regelmäßigen Termine in den Zeilen und alles sieht aus wie im Dezember oder November oder was es sonst noch für Monate gibt.
Also, vielleicht Rückblick/Vorschau wagen. Das Jahr war gut, Wetter hab ich vergessen, aber das sommerliche Stimmungshoch mit den Ausstellungsteilnahmen herausragend. Ich fühlte mich von mir selbst begehrt und Kontakte zu Freunden und Menschen in der Peripherie machten mich lebendig, wodurch die Schau in die Zukunft erfreulich leuchtet. Die künstlerische Arbeit nimmt weiter Formen an, jedes Objekt scheint aus unbekannten Tiefen zu wachsen. Ich kann mich damit selbst überraschen.
Dudis Sohn, mein Neffe, wird Vater im Sommer, und ich wäre dann offiziell Großtante, was ich cooler finde als Oma. Vielleicht sucht er zaghaft Kontakt, hier eine Nachfrage nach Autos, die in DE günstiger sind als in NL. Dort ein Interesse für die Geschichte seiner Ahnen. Weil Dudi mich und das Mütterlein (dauernd) hier besucht hat, gab es keinen Grund für mich, nach NL zu reisen. Und der Neffe saß sowieso in eigenen Schwierigkeiten fest, ohne jegliche Anteilnahme an Befindlichkeiten seiner Tante (also mich). Alle Veränderungen im neuen Jahr begrüße ich mit offenem Herzen.
Es gab gute originäre Denker zu entdecken, hier nur kurz genannt seien Jochen Kirchhoff, Gerald Hüther, Harald Welzer, Wolf-Dieter Storl, eine bunte Mischung aus Wissenschaft und populärer Philosophie. Und mich selbst natürlich, die kettenrauchende Denkerpose der Hannah Arendt nachahmend, bloß ohne Rauchen. Die Damen der Patriarchatsforschung möchte ich hier nicht einreihen, die sind mir tatsächlich zu zickig (aber indem ich sie erwähne, reihe ich sie mit ein als Anschubgeberinnen).
Es wird deutlich, dass (auch) ich eigene Maßstäbe zu entwickeln bzw. mich endlich danach zu richten habe. Meine Religionsforschungen sind an dem Punkt, dass ich keine der erforschten Ansätze hilfreich finde, sich Atman zu nähern. Vielleicht am ehesten den Hinduismus, der das Atman immerhin benennt. Eventuell hat das Christentum daraus die Jesusfigur entwickelt. Soweit ich das verstehe, hat es alle möglichen heidnischen Bilder für eigene Zwecke benutzt, was mich ziemlich traurig stimmt, denn diese sind weit davon entfernt authentisch zu sein.
Die vor kurzem begonnene Psychotherapie ging gestern in die dritte Sitzung. Eigentlich hatte ich geplant, darüber eine Art Tagebuch hier hinein zu schreiben, aber die Erkenntnisse sind eher subtiler statt brachialer Art und dazu gedacht, ins Wirrwarr sich widersprechender Philosopien eine erste Ordnung zu bringen. Schwer zu umschreiben. Die Gründe der Unordnung sind
akrabke | 08. Januar 2020, 11:28 | 0 Kommentare
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Topic: gelesen
Hatte mich ein paar Tage lang mit Patriarchatsforschung beschäftigt. Frage mich, warum sie nicht Matriarchatsforschung genannt wird, geht es doch darum zu beweisen, dass es bis vor ca. siebentausend Jahren die Frauen waren, die das Sagen hatten. Meine eigenen Ideen decken sich mit der Vorstellung, dass die steinzeitlichen Kulturen weiblich geprägte waren, es sind Bilder von Sammlern und Jägern, Frauen und Männern, die in Freiheit durch Steppe und Wälder ziehen, und gern wiederum gehen der Bildhauer und ich in diesen Idealbildern spazieren mit einer unstillbaren Sehnsucht.
Spätestens mit der angeblich als ebenso ins patriarchisch geprägte Weltbild gezwungenen Schöpfungsgeschichte bin ich auch schon wieder ausgestiegen aus der Forschung (die in mir ja eher als Nachempfinden stattfinden kann und nicht als Nachforschen). Das Wort, das am Anfang gewesen sei – kritisieren die Forscherinnen das Erfinden eines männlichen Gottes, was die weiblichen Gottheiten abschaffte – sei das Wort des Patriarchen, sein Gesetz, das Männliche schlechthin also, nicht beachtend, dass die Schöpfung (der Welt) ja schon vorher, ein paar Milliarden Jahre früher, stattgefunden hatte. Das Wort ist nämlich, das wissen diese Forscherinnen nicht, der Klang, und der Klang ist die Welt: nada brahma. Der Klang ist das OM, und die verdichteten Schwingungen des OM bilden das Hiranyagarbha, the golden womb, das goldene Ei undsoweiter, wir kennen das aus den vedischen Schriften, ebenso purusha als der Geist, prakriti als die Stoffliche, beide zu begreifen als zwei Prinzipien und noch nicht als Mann oder Frau.
Ich muss mich kurz halten, den wirren Text nur als Notiz für mich verstanden wissen. Ich kann nicht umhin, beim Lesen der Patriarchatsforscherinnentexte festzustellen, dass sie auf eine unangenehme Weise zänkisch und rechthaberisch sind, genauso wie die Gegenseite. Das macht mich nicht froh und ich ziehe mich nun wieder in meine eigenen Studien zurück.*
Guten Tag.
* Sei es auch nur, um mich von dem traurigsten Heiligabend meines Lebens abzulenken, neben mir und ohne mich zu erkennen, das Mütterlein mit Tränen in den Augen ob all der Singerei von sentimentalen Liedern vom Jesuskind und all der Freude, und so weinte auch ich, wieder einmal, schluchzte laut und hemmungslos hinein in die andächtige Gemeinschaft, umarmt von der Frau mit der Schwester, Thekla, die in mein Ohr murmelte: es wird alles gut.
Spätestens mit der angeblich als ebenso ins patriarchisch geprägte Weltbild gezwungenen Schöpfungsgeschichte bin ich auch schon wieder ausgestiegen aus der Forschung (die in mir ja eher als Nachempfinden stattfinden kann und nicht als Nachforschen). Das Wort, das am Anfang gewesen sei – kritisieren die Forscherinnen das Erfinden eines männlichen Gottes, was die weiblichen Gottheiten abschaffte – sei das Wort des Patriarchen, sein Gesetz, das Männliche schlechthin also, nicht beachtend, dass die Schöpfung (der Welt) ja schon vorher, ein paar Milliarden Jahre früher, stattgefunden hatte. Das Wort ist nämlich, das wissen diese Forscherinnen nicht, der Klang, und der Klang ist die Welt: nada brahma. Der Klang ist das OM, und die verdichteten Schwingungen des OM bilden das Hiranyagarbha, the golden womb, das goldene Ei undsoweiter, wir kennen das aus den vedischen Schriften, ebenso purusha als der Geist, prakriti als die Stoffliche, beide zu begreifen als zwei Prinzipien und noch nicht als Mann oder Frau.
Ich muss mich kurz halten, den wirren Text nur als Notiz für mich verstanden wissen. Ich kann nicht umhin, beim Lesen der Patriarchatsforscherinnentexte festzustellen, dass sie auf eine unangenehme Weise zänkisch und rechthaberisch sind, genauso wie die Gegenseite. Das macht mich nicht froh und ich ziehe mich nun wieder in meine eigenen Studien zurück.*
Guten Tag.
* Sei es auch nur, um mich von dem traurigsten Heiligabend meines Lebens abzulenken, neben mir und ohne mich zu erkennen, das Mütterlein mit Tränen in den Augen ob all der Singerei von sentimentalen Liedern vom Jesuskind und all der Freude, und so weinte auch ich, wieder einmal, schluchzte laut und hemmungslos hinein in die andächtige Gemeinschaft, umarmt von der Frau mit der Schwester, Thekla, die in mein Ohr murmelte: es wird alles gut.
akrabke | 25. Dezember 2019, 10:35 | 0 Kommentare
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Topic: gesehen
Der Glaskörper ist am Augeninnenraum befestigt, mit ein paar Stichen aus Eiweißfasern oder so, und wenn im Alter der Glaskörper beginnt zu schrumpeln wie ein Apfel, dann lösen sich manchmal die Befestigungen. Es kann dann zu Blutungen kommen, die sich in den Glaskörper ergießen. Und so hat man dann dunkle Schlieren vor der Linse, die mit jeder Augenbewegung nervös mitzittern. Ich bin froh, dass es nichts Schlimmes ist, wie der Arzt mir versichert und weil ich trotzdem weine, bekomme ich von den Helferinnen ein Stück Mercischokolade. Das Niedliche daran kann ich in dem Moment nicht so richtig würdigen, sitze ich doch mit anderen im abgedunkelten Tropfraum und warte auf die zweite Stufe der Pupillenerweiterung, damit noch mehr des Einblickes in meine Seele stattfinden kann. Bin mit den Nerven am Ende. Ein optisches Gerät wird mir dann direkt auf die betäubte Linse gesetzt, das so mittels Gel darauf herumgleiten kann, damit auch nicht der allerkleinste Riss dem ärztlichen Auge entgehe. Das ist kein echter Spaß und noch als ich zuhause bin, bin ich geblendet.
So laufe ich mit nervigen Blutplocken durch die sowieso schon nervige Weihnachtszeit, vermeide das Sehen und warte auf Absorption, was ein paar Wochen dauern kann.
Ebenso warte ich auf Absolution. Zu diesem Zweck habe ich eine Therapie begonnen, die Gespräche, Aufstellungen und andere Psychomethoden nutzen wird, um mich von allen Sünden zu befreien. Die Therapeutin ist eine weltschlaue Frau Mitte 60 und vermag es wohl, in meine verwirrten Philosophien etwas Ordnung zu bringen. Es gibt Lächerliches aber ebenso vieles, das zum Weinen läd. Die ersten Gespräche beschäftigen sich natürlich mit dem Mutterthema, das mir mittlerweile wie eine unüberwindbare Mauer erscheint, hinter der ich mich gefangen fühle. Ich lese über Patriarchatsforschung und weine, ich höre Siddharta von Hermann Hesse und weine, ich betrachte Höhlenmalereien und weine. Es scheint mir alles durch und durch beweinenswert, und das ewige Gefühl eines namenlosen Unheils, das über mir schwebt will und will nicht weichen.
Möge ein Licht in die Welt getragen werden, mögen Sie alle, meine werten Leser, eine lichtvolle, friedliche Zeit verbringen, ohne Blutvergießen, ohne Leid und ohne Bosheit.
So laufe ich mit nervigen Blutplocken durch die sowieso schon nervige Weihnachtszeit, vermeide das Sehen und warte auf Absorption, was ein paar Wochen dauern kann.
Ebenso warte ich auf Absolution. Zu diesem Zweck habe ich eine Therapie begonnen, die Gespräche, Aufstellungen und andere Psychomethoden nutzen wird, um mich von allen Sünden zu befreien. Die Therapeutin ist eine weltschlaue Frau Mitte 60 und vermag es wohl, in meine verwirrten Philosophien etwas Ordnung zu bringen. Es gibt Lächerliches aber ebenso vieles, das zum Weinen läd. Die ersten Gespräche beschäftigen sich natürlich mit dem Mutterthema, das mir mittlerweile wie eine unüberwindbare Mauer erscheint, hinter der ich mich gefangen fühle. Ich lese über Patriarchatsforschung und weine, ich höre Siddharta von Hermann Hesse und weine, ich betrachte Höhlenmalereien und weine. Es scheint mir alles durch und durch beweinenswert, und das ewige Gefühl eines namenlosen Unheils, das über mir schwebt will und will nicht weichen.
Möge ein Licht in die Welt getragen werden, mögen Sie alle, meine werten Leser, eine lichtvolle, friedliche Zeit verbringen, ohne Blutvergießen, ohne Leid und ohne Bosheit.
akrabke | 24. Dezember 2019, 11:01 | 0 Kommentare
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Topic: erzaehlt

Vielleicht ist dies einfach die Geschichte eines jungen Mädchens, dessen geliebter Bruder, strahlend schön und sehr jung, in den Krieg ziehen musste und im eisigen Russland bei dem Versuch, einen Fluss zu durchqueren, ertrunken ist. Vielleicht ist dies die Geschichte eines Unglücks, das die junge Frau, vor Trauer und Sehnsucht krank an Seele und Geist zurückgelassen hat. Und vielleicht braucht ein richtig gutes Drama doch all die Vokabeln, die im vorigen Text aufgezählt wurden.
Der junge Mann, mit Ideenreichtung und Begabungen für Literatur, Kunst und Musik beschenkt, konnte sich den historischen Begebenheiten nicht entziehen, musste Mutter und Familie verlassen, wurde auch von der Mutter verlassen, die nicht die Kraft hatte, ihn vor den letzten Kampfeinsätzen zu schützen – sie hätte ihn verstecken können, aber das wäre womöglich ihrer aller Tod gewesen, wie sie ihre Entscheidung zu rechtfertigen wusste.
Das junge Mädchen konnte sich nicht ausmalen, wie es ihrem Bruder in der Ferne erging, dazu wusste sie zu wenig von den Grausamkeiten, die sich Menschen antun. Aber sie begriff, was geschehen sein musste, als der Vater verzweifelt nach seinem Sohn suchte, allein diese Verzweiflung des Vaters, der später selbst in Not und Gefangenschaft geriet am anderen Ende Europas, spiegelte das unentrinnbare Schicksal des Bruders. Niemals hatte er mit seiner Tochter darüber sprechen können. Als viele Jahre später ein Freund des Bruders auftauchte, der ihn hatte sterben sehen und der Frau wieder und wieder, zwanghaft, davon erzählte, wies sie ihn ab.
Vielleicht ist dies die Geschichte eines jungen Mannes, der seine kleine Schwester beschützen wollte und sich für die Familie geopfert hat, damit sie alle leben konnten. Ich stelle mir vor, dass niemand von ihnen jemals wieder froh wurde. Trotzdem taten sie, als müsse alles so ein, schließlich hatten die meisten Familien Tote zu beklagen, was bedeutet schon so eine Klage, wenn sie aus allen Kehlen gleichzeitig klingt. Und nach dem Krieg machten sie weiter, als wäre nichts geschehen.
Vielleicht ist dies die Geschichte einer Verwechslung. Wie die junge Frau älter wurde, scheinbar fröhlich durch eine Nachkriegszeit tanzend mit Petticoat, ihr späterer Mann mit Haartolle, und wie wiederum sie all ihre Talente verbarg oder ganz aufgab für eine Ehe, die nicht glücklich war. Die junge Frau verwechselte den Mann und später die Kinder, die sie bekamen. Es hätte alles anders sein sollen, aber sie war unfähig, richtig von falsch zu unterscheiden.
Und vielleicht ist dies die Geschichte eines jungen Mannes, der durch das Jenseits gewandert war – wie so oft, so wie wir es immer tun – und zurückkam mit einem neuen Körper, um an der Seite der jungen Frau sein Versprechen einzulösen, sie zu beschützen und sie wieder glücklich zu sehen. Ja, ich kann erkennen, dass er sein Schicksal auf sich genommen hat, mit dem Gleichmut und dieser Behendigkeit, die so typisch für ihn ist. Er war nicht zurückgekommen, um zu richten, sondern zu lieben. Seine Liebe war rein und gänzlich ohne Berechnung.
So ein Leben dauert viele Jahre, und so sehr sich der junge Mann bemühte, seines und das der jungen Frau zu ordnen, um beiden das Große Ziel zu ermöglichen, es gelang ihm nicht. Es ist uns nicht gegeben, das Leben eines anderen zu meistern, sondern ausschließlich das eigene. Das hatte der junge Mann nicht verstanden und das hatte ihm niemand beigebracht. Nach all den Jahrzehnten war die junge Frau alt geworden und hatte sich selbst vergessen, war der junge Mann erschöpft von Schuld- und Versagensgefühlen, die ihn unaufhörlich begleiteten, denn all seine Weisheit und sein Verständnis hatten nichts gegen ihre Weigerung auszurichten vermocht, ihn als den zu erkennen, der er war.
akrabke | 12. Dezember 2019, 17:19 | 0 Kommentare
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Topic: Klang
Bin am entrümpeln. Hier eine Liste mit Begriffen, die meinen Geist vermüllt und meine Sicht auf die Welt verstellt haben, alphabetisch sortiert. Ich weiß nicht, aus welchem Jahrhundert sie stammen, auf jeden Fall sind sie sehr alt und prägen mein Denken und Fühlen bis heute. Es lohnt sich vielleicht, einen jeden anhand des ethymologischen Wörterbuches zu verfolgen. Danach kann alles an die Straße.
- Ausbeutung
- Besitz
- Blut und Boden
- Ehre
- Eid
- Eigentum
- Erwartungshaltung
- Erziehung
- Feind
- Fleiß
- Gehorsam
- Gelöbnis
- Genugtuung
- Gerechtigkeit
- Hass
- Heimat
- Hilfe
- Kampf
- Laster
- Leistung
- Liebe
- loyal
- Lohn
- Märtyrer
- Mut
- Opfer
- Ordnung
- Pflicht
- Qualität
- Recht
- Stand
- Stärke
- Strafe
- Strenge
- Sühne
- Tat
- Treue
- Tod
- Urteil
- Verantwortung
- in Vergessenheit
- verlassen
- verleugnen
- Versprechen
- Verrat
- Vertrauen
- Verzicht
- Würde
- Zucht
akrabke | 07. Dezember 2019, 08:27 | 0 Kommentare
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Topic: Arbeitstisch
Ich konnte es nicht lassen, trug mich das Wochenende mit dem Gedanken, mich auf einen 450 EUR-Job zu bewerben. Warum nicht ein paar Stunden die Woche werkeln, damit das Gesparte noch länger bewahrt bleibt. Wie wenig ich aber breit bin für Zwecke zu arbeiten, die nicht meine sind, wurde mir klar, als ich website und fb-Profil der Firma studierte und auch das persönliche des Arbeitgebers. Er interessiert sich für Sachen, denen ich nichts abgewinnen kann, die sogar Abneigung in mir erzeugen, Autos, Fußball etc., und so nahm ich bildlich-emotional vorweg, in unguten Zusammenhängen zu sitzen, Bandenwerbung für die lokale Fußballmannschaft druckfertig zu machen und und mich zu wundern, warum ich das überhaupt tue. Eine launige Bewerbung habe ich immerhin entworfen, aber ich muss feststellen, dass meine Motive, mich auf einen mich downgradenden Job zu bewerben, seltsam sind. Wie schon im vorletzten Monat hatte die ehemalige Bürokollegin wieder Arbeitsmöglichkeiten erwähnt und eine Strebsamkeit ausgelöst, genährt aus Sorge und Zukunftsängsten – die doch gar nicht zu mir gehören. Ich teile tatsächlich ihre Ängste nicht, unter denen sie sich regelmäßig verzettelt, in der Vergangenheit stärker, jetzt aus Vernunfts- und Kräftegründen sehr kontrolliert, wobei sie sich immer noch von spontanen soft- und hardware-Käufen verleiten lässt. Ist schon geil so ein iPad mit Stift, wie beides smooth zusammengeht, wäre ich Illustratorin wie sie, besäße ich sowas selbstverständlich auch.
Nach wie vor finde ich es schwierig, unbeirrt meinen Weg zu gehen. Natürlich will auch ich gesehen, erkannt und wertgeschätzt werden. (Das würde ich, versichert mir der Bildhauer.)
Mein Privatstudium, so nenne ich das jetzt mit Selbstbewusstsein, führt mich hinein in Zukunftsbilder, aber auch wieder zurück in meine eigene Kultur-Geschichte. Lese, wie alle paar Jahre, Doris Lessings Shikasta von 1979, ein großartig weitsichtiges Werk, das eine komplette Weltgeschichte umreißt und trotz schmerzvoller Aufarbeitung menschlichen Fehlens eine positive Aussicht entwickelt, die mich in wehmütige Stimmungen versetzt. Ob wir nun wirklich in solch einer Übergangszeit sind – es wird eigentlich immer offensichtlicher, dass das Zeug nicht mehr hält – oder ob es noch über meinen Tod hinaus mit dieser Art von Gesellschaft irgendwie weiter rumpelt, ist nicht zu sagen. In meinen frühesten Träumen und weiter durch all die Jahre tauchen Szenarien totaler Verwüstung auf. Sind es Familienerinnerungen an die Weltkriege des letzten Jahrhunderts oder Erinnerungen an die Zukunft, an eine Zukunft, die zu erleben ich auf die Welt kam?
Nach wie vor finde ich es schwierig, unbeirrt meinen Weg zu gehen. Natürlich will auch ich gesehen, erkannt und wertgeschätzt werden. (Das würde ich, versichert mir der Bildhauer.)
Mein Privatstudium, so nenne ich das jetzt mit Selbstbewusstsein, führt mich hinein in Zukunftsbilder, aber auch wieder zurück in meine eigene Kultur-Geschichte. Lese, wie alle paar Jahre, Doris Lessings Shikasta von 1979, ein großartig weitsichtiges Werk, das eine komplette Weltgeschichte umreißt und trotz schmerzvoller Aufarbeitung menschlichen Fehlens eine positive Aussicht entwickelt, die mich in wehmütige Stimmungen versetzt. Ob wir nun wirklich in solch einer Übergangszeit sind – es wird eigentlich immer offensichtlicher, dass das Zeug nicht mehr hält – oder ob es noch über meinen Tod hinaus mit dieser Art von Gesellschaft irgendwie weiter rumpelt, ist nicht zu sagen. In meinen frühesten Träumen und weiter durch all die Jahre tauchen Szenarien totaler Verwüstung auf. Sind es Familienerinnerungen an die Weltkriege des letzten Jahrhunderts oder Erinnerungen an die Zukunft, an eine Zukunft, die zu erleben ich auf die Welt kam?
akrabke | 02. Dezember 2019, 11:29 | 0 Kommentare
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Topic: Einsatz
Nach einem sorglos und äußerst albern verbrachten Wochenende mit dem Bildhauer besuche ich am Montag das Mütterlein. Es sitzt da wieder so und erkennt mich nicht. Vielleicht liegt’s an meinem sehr kurzen Haar oder an allem anderen. Ich schiebe Mama in ihr Zimmer und das langsame Erkennen wird zu einem dramatischen Jammer, während Sätze fallen wie du bist mir so fremd oder das vorwurfsvolle wo warst du denn, beides wiederholt sie viele Male und heulend rufe ich alle guten Geister an, warum Gottvater, Maria und Jesus und alle Engel dazu sie hier so allein lassen, auch ich frage, wo sie denn nimmer sei und dass ich ihr nicht folgen kann. Wir liegen uns in den Armen und schluchzend beteuere ich Verlassenheit und weiteres Leid der Welt. Sie streichelt mein Gesicht und ist ganz wach dabei, fast erkenne ich sie wieder und sie wechselt zu einem lächelnden du bist mir nicht fremd, es dauert eine Ewigkeit, bis wir uns beruhigen, ihr Atem ging schnell und die bittersten Tränen wurden geweint.
Ich krieg’s nicht hin. Wie war das mit Abgrenzung und Entgrenzung?
Völlig ausgelaugt bringe ich sie zum Abendbrot an ihren Tischplatz. Sofort hat sie mich vergessen und würdigt mich keines weiteren Blickes, ihr Gesicht wieder zugefallen. Mein Winken bleibt ungesehen.
Ich bin davon überzeugt, dass das Leben ein Mysterium ist und wo ich kann, versuche ich, Geheimnisse aufzudecken; so kann ich mich an seltsamen, dunklen Gefühlen laben – und doch empfinde ich genau dies als echt krank. Am Morgen fällt mir weiteres Gesagtes ein, du bist Soldat geworden, behauptete sie und jetzt erst sehe ich ein, dass sie mich gar nicht meinte (vielleicht ihren Bruder, der mit 19 im russischen Winter bei einer Flussdurchquerung ertrank). Wahrscheinlich meinte sie mich gar nie, sondern immer nur eine der Figuren ihres inneren Dramas. Was für ein Missbrauch da mit Kräften, Liebe und falschem Blick begangen wurde.
Etwas hat diese Zeit – das Denken wird klarer. Ich verbringe den Tag mit dem angenehmen Gefühl, dass ich gar nicht gemeint bin, von niemandem, und niemals zu irgendeiner Zeit verantwortlich. Ich schlüpfe aus dem allgemeinen Schauspiel und keiner vermisst mich. Welche Erleichterung.

Schauspiel mit Pilzen.
Ich krieg’s nicht hin. Wie war das mit Abgrenzung und Entgrenzung?
Völlig ausgelaugt bringe ich sie zum Abendbrot an ihren Tischplatz. Sofort hat sie mich vergessen und würdigt mich keines weiteren Blickes, ihr Gesicht wieder zugefallen. Mein Winken bleibt ungesehen.
Ich bin davon überzeugt, dass das Leben ein Mysterium ist und wo ich kann, versuche ich, Geheimnisse aufzudecken; so kann ich mich an seltsamen, dunklen Gefühlen laben – und doch empfinde ich genau dies als echt krank. Am Morgen fällt mir weiteres Gesagtes ein, du bist Soldat geworden, behauptete sie und jetzt erst sehe ich ein, dass sie mich gar nicht meinte (vielleicht ihren Bruder, der mit 19 im russischen Winter bei einer Flussdurchquerung ertrank). Wahrscheinlich meinte sie mich gar nie, sondern immer nur eine der Figuren ihres inneren Dramas. Was für ein Missbrauch da mit Kräften, Liebe und falschem Blick begangen wurde.
Etwas hat diese Zeit – das Denken wird klarer. Ich verbringe den Tag mit dem angenehmen Gefühl, dass ich gar nicht gemeint bin, von niemandem, und niemals zu irgendeiner Zeit verantwortlich. Ich schlüpfe aus dem allgemeinen Schauspiel und keiner vermisst mich. Welche Erleichterung.

Schauspiel mit Pilzen.
akrabke | 27. November 2019, 21:36 | 0 Kommentare
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