Bestimmten Themen kann ich mich nur gefühlsmäßig nähern. Da machen dann Argumente und Zahlen keinen Sinn, die ich dann sowieso nicht verstehe oder zum Beispiel derart, dass Gegenargumente zu Frau Schwarzers Texten für mich wie Pro-Argumente zum Körperverkauf klingen. Woraufhin ich sofort das Interesse an einer so geführten Auseinandersetzung verliere. Aber gären tut es trotzdem.

Dass Sex etwas Heiliges sei, wie die östlichen Lehren weise sagen, und die Körper die Tempel unserer Seelen. Dass körperliche Freude nicht käuflich sein kann, sondern ein Geschenk sei und eine Gnade. Wo allein schon der Besitz eines Körpers und ihn zu bewohnen Freude ist und Gnade.

Meine eigenen Erfahrungen bestehen aus Beidem, aus dem puren Glück, das Körperlichkeit bringen kann, aber auch aus jenem Austausch des erwarteten Gutes (denn Erwartungen haben wir immer, sonst würden wir gar nicht handeln) zwischen zwei Personen, der tatsächlich einem Handel gleichkommt – nicht mit Geld, aber trotzdem bezahlt. Aufmerksamkeit, Lust, Hingabe, Nähe, Geborgenheit sind schöne Attribute der Ware; Sorge, Begierde, Angst, Konfusion, Verzweiflung ihre unangenehmen Begleiter. Liebe is' was anderes.

"Darüber die schnöde Sexobjekthaftigkeit der ganzen verdammten Welt erkannt, und gestaunt." Hier zitiere ich mich selbst. Ich könnte das jetzt noch ausführen, aber lasse es damit gut sein. Ich weiß ja, was ich meine.





Ganz ähnliche Gedanken gären in meinem Inneren auch. Vielleicht ist es noch beim Gären geblieben, weil ich krampfhaft versuche, mich dem Thema verstandesmäßig-argumentativ zu nähern. Was gar nicht so einfach ist.

Zumal es zur Zeit ziemlich in Mode zu sein scheint, Menschen, die sich darüber ein persönliches Bild machen, ihre Subjektivität vorzuwerfen. "Du hast ja gar keine Ahnung!" ist ein gern gebrauchtes Scheinargument dieser Tage, vor allem unter Frauen, die pro "Sexarbeit" argumentieren. Tja, nun denn, das kann man natürlich jedem vorwerfen. Platter geht's auch noch - ich las neulich wo, wie jemand schrieb, die Frauen, die Prostitution kritisierten, hätten in Wahrheit nur Angst, dass ihre Männer/Gatten/Freunde/Lebensabschnittsgefährten auch Sex kaufen würden. Hm. Das find' ich dann wirklich schnöd.

Ohgott, ja, das sind genau die "Argumente", die ich meine. Genauso subjektiv, meine Güte.

Es scheint wohl gerade so in der Luft zu liegen.

Also nochmal – die Emanzen (außer Frau Schwarzer) sind für Sexarbeit, die Hausfrauen dagegen? Oder Sexarbeiterinnen dafür, Emanzen dagegen?

Es soll tatsächlich Feministinnen geben, die meinen, "Sexarbeit" befördere die sexuelle Selbstbestimmung der Frauen. Ein Beispiel dafür ist Carmen Amicitae (ist nicht ihr richtiger Name), die sich in einem langatmigen Vortrag Gründe zurechtkonstruiert, warum das so sein soll. Subjektiv, wie Sie zu Recht anmerkten. Für was Hausfrauen so im Allgemeinen sind, kann ich nicht sagen. aber wenn man auf einen Versorger angewiesen ist, dann hofft man wohl, dass er erstens das Sauerverdiente nicht für geschauspielerte Lust hinauswirft und vermutlich auch, dass er nicht irgendwann ganz auf die Ehefrau verzichtet, weil die "Sexarbeiterinnen" unkomplizierter zu händeln sind. Gibt dann natürlich auch noch die andere Fraktion der Emanzen, die pauschal Prostitution mit Zwangsprostitution und Menschenhandel gleichsetzen und für ein totales Verbot sind. So wie Frau Schwarzer eben.

Interessant, danke für den Link. Ich frage mich gerade, ob sie auch so emsig über sexuelle Selbstbestimmung argumentieren würde, wenn sie für einen Stundensatz von sechsfuffzig arbeiten müsste.

Exakt das dachte ich auch, als ich mir das ansah.