Neben dem unangenehm holzigen Kohlrabigemüse zur Mittagszeit gibt es wenig Schlimmes zu berichten. Ein paar Gedanken beschäftigen mich, z. B. wie ich überzähliges Interieur geschickt in der Wohnung verteile, damit es nicht nervt – vielleicht sollte ich es einfach verschenken. Drei Tatamis, je 90 x 90 cm, sind übrig und irgendwie auch eine der Küchenbänke. Ich habe nie mehr so viel Besuch, dass ich dringend beide Bänke brauchte, meinen Geburtstag Ende der Woche werde ich im Park feiern und da wird auf Decken gesessen.

Die freudig wachsenden Kapuzinerkresse- und Ringelblumensprösslinge wären da noch. Oder die Aussicht auf eine weitere zweistündige Thai-Massage am Donnerstag. Von fachkundigen Händen massiert zu werden, ist neben der Meditation das schönste Nicht-Tun, das ich nun kenne. Die Thai-Massage ist angeblich für buddhistische Mönche erfunden worden, um ihre vom langen Sitzen versteiften Körper geschmeidig zu machen und Blockaden zu lösen. Die Masseure selbst üben derweil metta (liebende Güte) aus, um karma abzubauen. So haben alle was davon.

Die Dame bittet um Entkleidung, obenrum frei und für die untere Hälfte reicht sie mir eine dünne schwarze Baumwollhose, anziehen, sagt sie, und auch sonst sind ihre Anordnungen einwortig, hinlegen, umdrehen, anfassen, der Rest ist Stille, bis auf die raschelnden Geräusche, die sie macht, während sie ihre Positionen ändert. Der Raum ist angenehm, buddhistische Wandbilder, sanftes Licht und in der Mitte die genau richtig graduierte Matte auf dem Holzboden. Drücken pressen biegen kneten bis an die Schmerzgrenze, manchmal sogar darüber, die Seiten der Oberschenkel und der rechte Arm tun besonders weh. Hauptsächlich bin ich wegen des mich nicht verlassen wollenden Schmerzes im Kreuzlendenbereich hier, zwei Stunden für 69 Euro, ich komme mir ein bisschen ausbeuterisch vor, die Thailänderin schuftet ja ohn' Unterlass mit vollen Kräften an mir herum.

Die schmerzende Stelle im Rücken geht sie nicht direkt an, aber alles, was sie macht, reicht bis dahin und tut wahnsinnig gut. Außerdem biegt sie meinen Körper in diverse Yoga-Asanas hinein, die Kobra z. B., dazu steht sie breitbeinig über mir, die ich auf dem Bauch liege, bittet mich, ihre Handgelenke 'anfassen', sie hält meine und dann zieht sie meinen Oberkörper zu sich nach hinten. Wow. Oder die Drehbewegung der gesamten Wirbelsäule, sie drückt mein Becken bis zum Anschlag zur Seite, da knackt es ordentlich im KLB wie ich es gern hab. Dem gesamten Rücken widmet sie sich mit besonderem Eifer, aber eigentlich bekommt jedes Körperteil ihre Aufmerksamkeit, manchmal stöhne ich voller Wonne, damit sie weiß, wie schön das ist, was sie da tut und manchmal lächeln wir uns an, wenn ich für einen Moment die Augen öffne, um zu sehen, wie sie das eigentlich tut.

Nach der Behandlung bin ich 90 % weniger holzig als vorher. Aufstehen. Anziehen. Schwupps (etwas zu schwupps für die zwei Stunden körperliche Nähe) ist sie in den hinteren Räumen verschwunden, wahrscheinlich um ein bisschen zu auszuruhen. Mir bleibt nur noch, das bereitgestellte Glas Wasser zu leeren, meine Bezahlung zu leisten und ein paar Worte des Wohlgefallens mit dem freundlichen älteren Herrn zu wechseln, der offensichtlich der Zuhälter Vater Ehemann der einen ist, sicherlich Thailandfahrer erster Stunde, komm' mit mir nach Deutschland, heirate mich, wird er ihr gesagt haben, und wir werden reich ich mache dich reich – über ihre Familienverhältnisse möchte ich dann aber doch lieber nicht nachdenken.

Jedenfalls geht so Sommer. Schwimmen, lesen, essen, schlafen. Mehr muss nicht.