Donnerstag, 23. Mai 2013
Hier fällt es besonders auf, das Bartgetrage der Männer, sie heißen aber nicht Jan und Hein und Klaas und Pitt, sondern wohl eher Vasco da Gama oder so, weil wir sind in Lissabon, die Frau Montez und ich, in der alten Seefahrerstadt am Tejo und die wenigen Vokabeln, die wir mittlerweile beherrschen, reichen, um Galao zu bestellen und fürs obrigado. Und wenn mir das nicht mehr einfällt, stimme ich das schöne Sun King von den Beatles an, das dauert ein bisschen, bis ich zum Wort komme und manchmal ist es zu spät. Die Frauen sagen obrigada.


Während wir noch rätseln und wahrscheinlich nie wissen werden, wo welche Straßen aufgeschüttet und welche untergraben wurden, lebt die Stadt um uns rum und wir in ihr und erfüllt uns die Lust auf Sehens-, Hörens- und Erlebenswertes, macht uns abwechslungsweise nachdenklich oder froh oder anderes und wir finden die Stadt schlichtweg - schön. Und die Kacheln auch.




Montag, 15. April 2013
Ach Berlin, du grandiose Kulisse, du Menscheninsel und Vollwertbühne des kulturellen Allerlei, du Herzensbrecherin. Ich versuch's ja mit dir.


Wieder daheim treibt der Südwind den Güterbahnhof durchs Zimmer als wäre schon Sommer.




Montag, 8. April 2013
Wir drehen den Strandkorb in die Sonne, mit dem Rücken zum Meer und der eisigen Nordbrise, unsere Gesichter bald rötlich erhitzt, erst ein Stündchen für zweifünfzig, dann noch eines, Cappucchino mit einem eingepackten Keks dabei, unser sogenanntes Wellnesswochenende beginnt nicht erst hier. Nach und nach entkleiden wir uns, hinter uns eine Frau schon im Bikini, wir erstmal der Mäntel entledigt, dann der Pullis, später Schuhe und Wollsocken, da vorn liegt noch überall Schnee, aber wir schwitzen. Erinnert mich ans Hochgebirge, wo barbäuchige Apres-Ski-Damen sich vor vier Meter hohen Schneewällen den ersten Sonnenbrand holen.

Das Meer in blau

Mit der Bestenfreundin ist es einfach und schön. Wir haben ähnliche Bedürfnisse und anfangs sogar noch hochtrabende Pläne, eine DVD im Bett oder vielleicht noch in die Sauna, es gibt im Gutshaus auch einen Vortrag über die Leber. Die Leber interessiert mich jetzt nicht so, aber morgens um sieben Yoga machen, vielleicht, sie klingt genauso wenig begeistert wie ich und die Leber.

Vegetarische Küche. Die ganze Gegend scheint vegetarisch und Stellshagen hat einen deutlichen Frauenüberschuss. Am vollgepackten Buffett drängeln sie sich zum Abendbrot mit den wenigen Männern, die langhaarig oder mit Bärten etwas deplatziert wirken, auch dabei ein dauerknutschendes, offensichtlich sehr frisch verliebtes Pärchen, über das ich (gerade ich) mich dauerlustig mache. Sie schafft das Essen an, steht dazu alle drei Minuten auf und küsst und hätschelt den Mann zum Abschied, er bleibt sitzen und wartet brav auf ihre Rückkehr und das, was sie anschafft.

Wir essen von allen Gerichten, was bedeutet, wir essen sehr viel. Alles ausnehmend wohlschmeckend, hübsch aussehend und in allerlei Farben, karottenorange, rotebeeterot, brokkoligrün, grünkernbällchenbraun, saucenbeige.

Als Abendgestaltung reicht uns das und um acht liegen wir probeweise schon mal im Bett und warten auf den Impuls zum DVD schauen, schließlich haben wir extra den Rechner mit. Der Impuls bleibt aus und es ist still. Danach ist es immer noch still, auch die Gedanken rasen nicht so wie sonst, einfach liegen, von draußen etwas Licht von der Gartenbeleuchtung und leise Geräusche, die mich kaum vom halbbewussten Traumgeschehen ablenken.

Dann schlafen wir endgültig ein.