Die Lieblingschefin weist mich zurecht. Dreimal hätte ich den gleichen Fehler übersehen, was denn mit mir los sei. Es macht mich fertig, wie sie diese Frage immer stellt: Was denn überhaupt los sei? Weiß ich doch nicht! Plumpe Unachtsamkeit? Überhaupt alles plump. In der Agentur, die gerade umbricht, herrscht eine seltsame Stimmung, die sogar die sonnenbeschienene Laubfärbung draußen trübt, ich weiß, dass sie einige Kolleginnen zurechtweisen musste, sie sagt nicht wen, aber ich kann es mir denken. Sicherlich ist alles sehr schwierig und am Ende unseres Treffens stehen ihr die Tränen in den Augen. Ich könnte mal gleich mitweinen, aber jetzt bin ich es, die tröstet.

Vielleicht geht mir einfach das dauernde Steinegesäge und das Pflastergerüttel auf dem Gelände auf den Wecker. Vielleicht sind es auch die Kunden, deren Art zu arbeiten und Sachen vorzubereiten ich nicht verstehe. Umständlich, unnütz, und wahrscheinlich bin ich eine Besserwisserin, die Rolle stresst sowieso. Explosive Mischung aus Perfektionismus und Konzentration auf gänzlich Anderes, Weniges, Wesentliches.

Beinahe sage ich der Lieblingschefin, dass ich gar nicht mehr möchte (Rückzieher sind meine große Stärke), ich habe auch keine Lust zu erklären, wie es zu den Fehlern kam (der Server ist voll mit Müll und ich habe mich im Ordner vertan und dann noch statt b g, liegen ja auch dicht beieinander, wenn man's nachts um elf eilig hat). Sie redet weiter und ich höre zu, beobachte mein Herz, das sich zusammenkrampft, sie müsse sich auf mich verlassen können, wenn alles drunter und drüber geht, sie wolle nicht jeden Pups kontrollieren müssen, und ob überhaupt …, aber eigentlich wolle sie ja … Und ganz am Ende wollen wir beide wieder, weil wir um unsere schöne Verbindung wissen, und dann eben die Beinahetränen, als sie berichtet, wie der Lieblingschef sie dauernd hängen lässt und überhaupt dessen doofe Gattin und so weiter – wahrlich, sie hat um ein Vielfaches mehr am Hacken, als ich mit meinem Wunsch nach einem minimalisierten Haushalt. (Habe gelesen, dass sich Minimalisten gegenseitig mit Listen übertrumpfen suchen, wie wenig Gegenstände sie besitzen, 100 Dinge sollten es höchstens sein. Ich frage mich, ob das Besteck, Socken, diverse Werkzeuge und Geschirr schon dazugehören, das wären bei mir schon knapp 200, also fail.)

Was denn gerade so wichtig sei, könnte sie fragen. Hier die kurze Liste mit Wichtigkeiten:
  • mit der Mutter eine möglichst harmonische Zeit verbringen, wann immer wir uns treffen oder telefonieren
  • die dunkle Dauerwolke, die über mir schwebt durchlichten
  • Gesundheit erhalten
Listen sind doof, oder. Schreiben tut gut, auch wenn es so wirr scheint wie die Blätter, die von warmen Sturmböen getragen – verwehen.





Ich find's nicht wirr. Es ist halt ein Mosaik dessen, was in Ihnen gerade vorgeht. Plus die Begegnungen mit dem Außen, die sich dann auch gern mal kompliziert mit dem Innen verknoten. Da ist es doch überhaupt nicht verwunderlich, dass man gern ausräumen, aufräumen, begradigen, auflisten, ausmisten, reduzieren möchte.

"Mosaik" ist lieb, warum nicht gleich "Potpourri", da stellen wir uns eine Schale mit desodorierten Trockenblumen vor, die verbrennen wir am Altar und – zack.

Aktuelles Lieblingsgetränk: Federweißer (gehört noch in die Liste)

Hm. Mosaik war eigentlich neutral gemeint. Es ist sicher einiges dabei, das kratzt oder sogar schmerzt, anderes vielleicht weniger. Beim Begriff "Potpourri" hingegen stellen sich mir die Nackenhaare auf, da verstehe ich gut, dass Sie das - zack - am Altar verbrennen möchten.

Ich bin für auseinandergefallenes Ministeck, will aber nicht zu launig daherreden. Die Liste klingt mir zu verknappt. Ein bisserl mehr dürfte es schon sein oder? Man soll wünschen dürfen.

Liebe Sturmfrau, ich musste bloß über das Wort Mosaik lächeln, und das hätte ich ja auch mal sagen können. Dann dachte ich an sowas wie "Ein Potpourri an wirren Gedanken" so wie damals in diesen Musiksendungen es ebenfalls sogenannte "bunte" Potpourris aus Musicals und Operetten gab, und alles war schlymm.

Herr Kid, die Liste ist tatsächlich kurz, weiter konnte ich aber im Moment nicht denken.

Ministeck, ach ja, Sie damals auch?

Der berüchtigte "Kessel Buntes", sozusagen.

Lächeln - da stelle ich fest, dass Sie offenbar genau so ungern wie ich Smilies verwenden. Dann sieht man natürlich das Lächeln nicht, aber ich finde Texte ohne irgendwie cleaner. Dennoch, dass Sie lächeln mussten, freut mich. Ich hatte schon befürchtet, völlig ins Klo gegriffen zu haben.

Ich übrigens auch. Ministeck.

*lächel* <-- sowas kann ich auch nicht ab

Ich nutze durchaus smilies, aber nicht hier, wo's etwas, ehem, literarischer zugehen sollte.