Donnerstag, 17. Oktober 2013


Die Lieblingschefin weist mich zurecht. Dreimal hätte ich den gleichen Fehler übersehen, was denn mit mir los sei. Es macht mich fertig, wie sie diese Frage immer stellt: Was denn überhaupt los sei? Weiß ich doch nicht! Plumpe Unachtsamkeit? Überhaupt alles plump. In der Agentur, die gerade umbricht, herrscht eine seltsame Stimmung, die sogar die sonnenbeschienene Laubfärbung draußen trübt, ich weiß, dass sie einige Kolleginnen zurechtweisen musste, sie sagt nicht wen, aber ich kann es mir denken. Sicherlich ist alles sehr schwierig und am Ende unseres Treffens stehen ihr die Tränen in den Augen. Ich könnte mal gleich mitweinen, aber jetzt bin ich es, die tröstet.

Vielleicht geht mir einfach das dauernde Steinegesäge und das Pflastergerüttel auf dem Gelände auf den Wecker. Vielleicht sind es auch die Kunden, deren Art zu arbeiten und Sachen vorzubereiten ich nicht verstehe. Umständlich, unnütz, und wahrscheinlich bin ich eine Besserwisserin, die Rolle stresst sowieso. Explosive Mischung aus Perfektionismus und Konzentration auf gänzlich Anderes, Weniges, Wesentliches.

Beinahe sage ich der Lieblingschefin, dass ich gar nicht mehr möchte (Rückzieher sind meine große Stärke), ich habe auch keine Lust zu erklären, wie es zu den Fehlern kam (der Server ist voll mit Müll und ich habe mich im Ordner vertan und dann noch statt b g, liegen ja auch dicht beieinander, wenn man's nachts um elf eilig hat). Sie redet weiter und ich höre zu, beobachte mein Herz, das sich zusammenkrampft, sie müsse sich auf mich verlassen können, wenn alles drunter und drüber geht, sie wolle nicht jeden Pups kontrollieren müssen, und ob überhaupt …, aber eigentlich wolle sie ja … Und ganz am Ende wollen wir beide wieder, weil wir um unsere schöne Verbindung wissen, und dann eben die Beinahetränen, als sie berichtet, wie der Lieblingschef sie dauernd hängen lässt und überhaupt dessen doofe Gattin und so weiter – wahrlich, sie hat um ein Vielfaches mehr am Hacken, als ich mit meinem Wunsch nach einem minimalisierten Haushalt. (Habe gelesen, dass sich Minimalisten gegenseitig mit Listen übertrumpfen suchen, wie wenig Gegenstände sie besitzen, 100 Dinge sollten es höchstens sein. Ich frage mich, ob das Besteck, Socken, diverse Werkzeuge und Geschirr schon dazugehören, das wären bei mir schon knapp 200, also fail.)

Was denn gerade so wichtig sei, könnte sie fragen. Hier die kurze Liste mit Wichtigkeiten:
  • mit der Mutter eine möglichst harmonische Zeit verbringen, wann immer wir uns treffen oder telefonieren
  • die dunkle Dauerwolke, die über mir schwebt durchlichten
  • Gesundheit erhalten
Listen sind doof, oder. Schreiben tut gut, auch wenn es so wirr scheint wie die Blätter, die von warmen Sturmböen getragen – verwehen.