Das mit dem Klopapier verstehe ich nicht. In anderen Ländern sind es Kondome und Rotwein, die gehortet werden – man weiß es sich dort schön zu machen.

Das Mütterlein kann ich nicht besuchen. Auf diese Weise gibt es wenigstens eine kleine Absolution, staatlich verordnet sozusagen. Man bittet mich allerdings doch ins Heim, um die Unterschrift für das Bettgitter neu zu leisten. Ein kleiner Spaziergang an den Fluss-Auen, vielleicht noch zum See, nach den Burgund-Algen schauen und am Steg etwas Sonne zu atmen. Als Selbständige mit Rücklagen, von denen ich ohnehin z. Zt. lebe, sehe ich der Zeit zu Hause gelassen entgegen, bin regelrecht froh, eine Ausrede zu haben, Dinge nicht zu erledigen und mich auf mich selbst zu besinnen. Die Gärtnerin ist frisch getrennt und begehrt Beistand, Freundinnen-Power gar möchte sie versammeln, wir stehen zu fünft auf dem Markt in gehörigem Abstand und mir ist so gar nicht nach weiteren Details einer Beziehungsgeschichte, die immer schon schwierig war und zur Auflösung neigte.

Statt dessen rufe ich die Bürokollegin an und die Bestefreundin, wir führen lange launige Gespräche und lachen viel und es tut gut, einfach nur zu reden und sich der gegenseitigen Unversehrtheit zu versichern, ohne Beigeschmack, ohne irgendetwas anderes zu wollen.

Der Bildhauer und ich verbringen die Zeit in Sand- und Tonkuhlen, deren Formationen – hoch, tief, abschüssig, aufgerissen – mir beinahe zu aufregend sind, einmal habe ich Atemnot, und die daraus entstehende Panik, eventually virusbefallen zu sein, macht sie noch schlimmer, und ich krieche über Dünen und an Abhängen vorbei durch Gezweig und denke, so ist das nun also, wenn der Körper, das liebe Gefährt, nicht mehr mitmacht.

Zum Therapiegespräch will ich morgen auf jeden Fall. Der Routenplaner schlägt eine Rad-Fahrt am Kanal entlang vor, ein Riesenumweg, wie mir scheint, in den fernen Stadtteil, aber ich möchte jetzt nicht in die Straßenbahn steigen, die ohnehin fast ausschließlich von muffeligen Menschen besetzt ist. Durch den Stadtwald könnte ich auch, das werde ich morgen entscheiden. Ich hatte einen irritierenden Traum, den ich mit der Therapeutin besprechen will – ich sollte meine Eltern anklagen. Tue ich das nicht ohnehin? Es ist ein wirres Versteckspiel mit vielen sogenannten unerwarteten Wendungen, und es gelingt mir noch nicht, diese selbst zu ordnen.

Soweit zu den Neuigkeiten aus diesem Hause. (Noch gut drei Rollen Klopapier, genügend Reis, Nudeln, Hülsen- und Trockenfrüchte, Nüsse, Milch, Öle und frisches Gemüse vorhanden. Auch Vitamin C reichlich.)





Bezüglich des Klopapier-Bunkerns: ich bin bisher nichtbunkernd, glaube aber, ich kann das mental nachvollziehen.
Das ist so ein Grundbedarfs-Gegenstand, der sich nicht ganz einfach gleichwertig ersetzen lässt und bei Bedarf auch als Ersatz für ähnliche Produkte (Küchenpapier, Taschentücher) her halten kann.
Ohne Wein kann man mMn an sich gut auskommen, ohne Toilettenpapier wird der persönliche Komfort bei grundsätzlichen Funktionen des menschlichen Körpers eingeschränkt. Und dieser Komfort, das Aufrecherhalten eines gewissen gewohnten Lebensstandards (bzw die Kombination aus Gewohntem und dem Lebenstandard-Ding), ist in "Ausnahmezuständen" (bzw. Situationen, die als solche empfunden werden) vermutlich hilfreich, so als Element der Normalität.
Für andere Personen kann das Wein sein, oder Makeup, wenn das dem entspricht, was sie mit Normalität, Lebensstandard oder Komfort assoziieren oder mit etwas, das auf andere Art die "Bewältigung" unterstützt.
Da Wein nicht dem entspricht, was ich als Stützpfeiler meines Alltags empfinde und für mich auch nicht zur Normalitätserhaltung beiträgt (weil er ein Ausnahme-Luxusgut ist, das ich mir unregelmäßig gönne), würde ich den auch nicht unbedingt bunkern. Bei einem tatsächlichen und länger dauernden Notstand würde ich, neben Grundnahrungsmitteln, z.B. einen Vorrat an Katzenfutter und -streu, Zahncreme, Deo, Dusch- und Haarwaschprodukt, Damenhygiene und tatsächlich auch Toilettenpapier anlegen. Und ein, zwei Gesichtspflegeprodukte, weil das für mich die Komfort-/Normalitätskomponente fördert.

Was allerdings nichts daran ändert, dass die Bunkerei in einem größeren Maß stattfindet, als mir aktuell angebracht scheint. Die Supermärkte sehen hier tendenziell verwüstet bis postapokalyptisch aus, in meinem Standard-Drogeriemarkt gibt es Aushänge, die Besucher darum bitten, nicht ausfällig oder handgreiflich gegenüber dem Personal zu werden, wenn dieses darüber informiert, dass bestimmte Produkte aktuell Lieferengpässe haben oder nur in bestimmten Mengen abgegeben werden (trifft aktuell z.B. auf Toilettenpapier, Desinfektionsmittel, Seife und Babynahrung zu).


Bzgl. Eltern anklagen:
Als Außenstehende kann ich das naturgemäß nicht ganz beurteilen, der Gedankengang ist mir aber kein unbekannter.
Ein bisschen kommt es wohl darauf an, wie man "anklagen" definiert, beziehungsweise, was man damit mental und emotional assoziiert.
Ein hinterfragen oder reflektieren entspricht mMn noch keiner Anklage, es ist mehr eine Bestandsaufnahme in Richtung: Was ist da in meinem Kopf, woher kommt es, wie hat mich das Verhalten meiner Eltern beeinflusst und wie bewerte ich es.

Eine Anklage, wie ich sie letztens als mentales Experiment durchgespielt habe, wäre der nächste Schritt: Abmessen eines Schuldigkeitsgrades in Anbetracht der Folgen und Erwägungen zum "Straf"maß.

Sie haben sicherlich Recht, die Gewohnheiten. Aber mein Verdacht, dass das Gehorte aus anderen als Sorgengründen geschieht, bestätigt sich: Klopapier wird schon auf dingsbay überteuert angeboten.

Das Thema Anklage bleibt leider noch unkommentiert, danke aber für Ihren Beitrag hier bei mir.

So weit hatte ich ursprünglich gar nicht gedacht, es aber zwischenzeitlich auch gesehen. Die Klopapier- und Desinfektionsmittelangebote, hier lokal auch Menschen, die anbieten, für Hilfsbedürftige einkaufen zu gehen und dafür 20 Euro oder mehr verlangen: Irgendwo zwischen traurig und eklig, und bringt mich wieder zur Überlegung, ob ich vielleicht zu gnädig bin in meiner Menschensicht.


Nichts zu danken; ich freue mich, wenn etas von dem, was ich aus dem Erfahrungs- und Gedankensumpf rausziehe, auf die eine oder andere Art und Weise nutzbar ist.