Samstag, 14. Juni 2014


Am Abend empfängt der Bremer Bahnhof die Leserin und mich mit einem Licht, das uns glauben macht, wir befänden uns auf einer ganz anderen Reise; mit dem Nachtzug nach Dharamsala oder so, die tiefe Abendsonne
an der Seite. Dharamsala liegt weit weg, es hört sich kostbar an. Wir haben uns in Picassos Welt der Frauen mit Pferdeschwanz-Malerei einweben lassen und so vieles schön gefunden: Die wunderbaren Keramiken, Teller mit Gesicht oder Fischen. Haben Buchläden besucht, die die Leserin vom Hörensagen kennt, in einem sitzt die innehabende Verlegerin noch persönlich am Tresen, die Leserin spricht sie aber nicht an. Ich kaufe etwas Science Fiction, ein irres Buch, das ich
nachts daheim noch anfange, in meinem friedlichen Bett, ohne Zeit, wie früher.

Wir essen Tapas mit Blick auf die Weser, direkt über unseren Schälchen hoch in der Platane ruht ein Taubennest, von dem ab und zu kleine Zweige herunterfallen. Wir bewundern die großen Backsteine der Altstadt-Häuschen und rufen uns Ereignisse ins Gedächtnis, die uns mit der Stadt verbinden. Eigentlich ist es der Fluss, alles andere erweist sich als vergänglich.

Wir beide brauchen Freundlichkeit, die Leserin hatte morgens im Zug noch weinen müssen, auch wegen Mama, der ihren, die langsam zerfällt. Ich streiche ihr über die Wange, gänzlich ohne Sentimentalität. Wir wissen, wie Trauer sich anfühlt.