Heute schon früh am Morgen zum See, schwimmen. Der Regen gestern hat gut getan, durch diesig verschleiertes Sonnenlicht fahre ich am Fluss entlang, eine vereinzelte Ente schläft noch auf dem Steg der Ruderer, Hasen springen durchs feuchte Gras, überhaupt ist der Tau wunderbar und hängt in großen Silbertropfen an erdnahen Gewächsen. Noch sind wenige Menschen unterwegs, ich möchte mal wissen, was die Kriterien sind, die Menschen nach draußen locken, dieser Morgen ist so besonders, auch am See ist es leer, nur ein Fahrrad steht auf der Wiese, als Gestell für die Kleidung, die ja jetzt nutzlos ist, da der Inhaber weit – was heißt schon weit bei einem See, der angeblich 5,5 ha groß ist, weit hinten auf der anderen Seite schwimmt jemand in lockerem Rhythmus, das will ich auch tun, dazu bin ich hier, binde das fahrbare Eisengestell an, entkleide mich, sanfter Südwind hat alles ekelige Treibgut in die winzige Bucht mit dem Steg geschwemmt, auch die puscheligen Flugsamen, die bereits bräunlich im Wasser vor sich rotten, irgendwann kippt der See wie jeden Sommer, dann gedeihen Blaualgen, die eigentlich grün sind und doch hübsch anzusehen, der ganze See wird dann einer grün-dicklichen Pampe gleichen, noch ist das Wasser klar und noch erfrischend, aber mit dem Fuß muss ich mir einen sauberen Einstieg freirühren, dann einmal um den See, dafür benötige ich ca. 50 Minuten, die ungefähr 1.300 Meter entsprechen, so genau weiß ich das nicht, ist eigentlich auch egal, nah an furchtlosen Enten vorbei und den neonrot leuchtenden Schwimmern eines Anglers, sein Fahrrad erkenne im Gebüsch, der Mann selbst hält sich verborgen, vielleicht schon gestorben, die Schwimmer schon schnurlos, jedenfalls spielen sie in meiner Bugwelle, Rückenschwimmen und Brust – Kraulen habe ich immer noch nicht gelernt, was für eine Freude, durch die Dioptriengläser der Schwimmbrille alles scharf zu sehen, Libellen, Wasserläufer, nun auf der Nordseite nur noch wenige Blätter und tote Gräser und am Südwestzipfel wirkt die Vegetation eigenartig ungezämt, als würde niemand je bis hierher kommen, dann an der kleinen Landzunge vorbei, die mich mit urwüchsigen Algenpflanzen im seichten Grund immer aufschreckt, hinüber auf die Nordseite, vertrautes Gewässer, in dem ich noch eine weile herumplansche und mich strecke und bald bin ich zurück am Steg, wo ich zwei Menschenfiguren erkenne, eine macht sich bereit einzutauchen, die andere ist wie ich zurück von ihrer Runde und trocknet sich schon ab.

Es mag neun sein, aber die Wiese immer noch leer, es traut sich wohl niemand her wegen der magischen Stimmung, vielleicht zieht man das grelle Licht vor, damit Körperschmuck und rasierte Geschlechtsteile sichtbarer zieren, ich weiß nicht, nichts kann meine sinnlichen Gefühle verderben, der Körper, meiner, bedeutet mir nur Wohlgefühl, auch sehe ich die kleine Kummerrolle an Bauch und Hüften dahinschwinden, langsam zwar, war sie doch seit drei Jahren nicht abzuspecken, wegen des Geräuschemannes. It's good that you're over him. Vielleicht bin ich wirklich endlich über ihn hinweg.





Ihr Bild eines über die Dauer des Angelns einfach so verstorbenen Anglers - eine wunderbare Beschreibung von (Lebens)Zeit.

Danke schön.
Ich dachte ja, es wäre eine Beschreibung von zweidimensionaler Fläche oder Strecke, dass es aber Zeit benötigt, sie zu durchziehen, dessen war mir beim Schreiben nicht gewahr. Aber was ist schon Zeit ohne Ort, beide gäbe es nicht ohne die/den andere/n.