Könnte man auch Vereinfachungen nennen. Die Wiederholungen. Durch einen festen Wochenplan sich arbeiten, um dann –
Zweimal die Woche Besuch bei dem Mütterlein, das auch durch wiederholtes Zu- und Einreden nichts mehr von der Mutterschaft weiß. Kusine U hat mir das Fotoalbum meiner Tante Ch, Mamas ältester Schwester, überlassen, jene schon seit dreißig tot, der Mann dazu, Onkel H, möglicherweise seit 20 Jahren oder so. Mein Lieblingsbild dieses Albums zeigt Mama mit ihrer Schwester vor einem Gebüsch stehend, lachend, Mama beinahe prustend, mit einem seltsamen Kleidungsstück, dessen Muster mir sehr vertraut ist, ähnlich dem der kleinen Küchengardine im Elternhaus, das den Jalusienkasten verdeckte. Vielleicht habe ich beim Versteckspielen im Kleiderschrank gehockt und es wartend studieren können. Mama wirkt sehr jung, vielleicht war ich noch gar nicht geboren, und sie hat das kasakartige Teil lange aufbewart. Obwohl sowieso nicht übermäßig groß, ragt sie einen halben Kopf über den von Ch.

In diesen Zeitgefilden mag die Mutter stecken. Natürlich kann ich ihr dorthin nicht folgen, sie lebt ein Leben, in dem es mich nicht gibt. Sie versteht wohl nicht, dass ich so viel später geboren bin und ihr aus meiner Erinnerung nicht mehr antworten kann, nur aus ihren Erzählungen. Und so entfernt sie sich von mir. Längst bin ich nicht mehr so ängstlich, was ihr Wohlbefinden betrifft. Vor zwei Besuchen berichtet sie, wie sehr sie geweint hätte. Weil doch Weihnachten sei und niemand mehr käme. Ob ich nicht bemerkt hätte, wie verheult ihr Gesicht ausgesehen habe. Nein, ja, wir weinen alle, manchmal.

Die Fotos mit den falschen Erinnerungen bringen zurück, mit welcher Wut mein Neffe reagiert hatte: Und wo war ich da? Wir Schwestern selbst noch Kinder, im Garten spielend, oder vor Rosen posierend. Es gelingt mir nicht, sein Gefühl des Ausgeschlossenseins zu zerstreuen (ich glaube, ich schrieb davon schon einmal). Wo war ich vorher? Wo komme ich her?
Fragt das Kind wieder und wieder.

Solches versuche ich seit meinem Abschied von spirituellen Lehrern allein zu erforschen. Das gute Dutzend an Jahren, die ich mit dem Studium der Schriften und der Übung verbracht habe, soll mir dabei nicht wertlos sein. Ich kenne Begriffe des Körpers und des Geistes, Merkmale dieses oder jenes Zustandes. Ich weiß seit jeher, dass es sie gibt, früher namenlos. Zusammenfassend möchte ich gern behaupten, gern ausrufend es jemand an den Kopf werfen, dass man einen Berg auch besteigen kann, ohne seine Etappen, Vorsprünge und Aussichten namentlich zu kennen, man geht einfach diesen oder jeden Weg. Ihn gehen, dabei schlichtweg (von) Sachen wissen, das ist alles, was es braucht.