Donnerstag, 11. April 2013
Wie sehr ich das Meer doch mag. Hier kann ich ungestört einem meiner Lieblingsgedanken hinterherhängen. Warum das Meer eine ebene Oberfläche hat, warum es keine bestimmte Form hat und warum es durchsichtig ist. Es füllt jede Ritze und Spalte und obendrüber leuchtet es und man sieht nichts vom schroffen Geschehen darunter. Die Idee, Unebenes per Auffüllung zu glätten, finde ich seltsam berauschend.

Und auch andere Süchte plagen mich. Auf dem Netbook habe ich einige Spiele gefunden, die Leserin hatte angekündigt, mir auf der Fahrt nach Marbach Streitpatience beizubringen. Das Netbook bietet ein Solitärspiel, das ich dank eines Glühbirnenbuttons, der Empfehlungen für den nächsten Zug anzeigt, recht schnell verstehe. Und spiele. Ich weiß nicht, wie oft ich es seit Sonntagnachmittag gespielt habe. Jedenfalls Stunden. Es kommt meinem Sinn für sammeln und ordnen entgegen, auch so eine Art von Ausgleichen und einebnen bis alles stimmt.

Heute gab es auf dem Gelände einen Umtrunk an Stehtischen. Ich beobachtete mich selbst dabei, wie ich meine Bierflasche wie im Zwang mittig auf die gedachte Schnittlinie zweier übereinanderlappender Servietten stellen musste. Ich hatte mal einen Kollegen, mit dem ich oft das Gestaltungsspiel wie würdest du das Feuerzeug auf die Zigarettenschachtel legen spielte. Linksbündig, mit Einzug, quer, oberkantig – der Möglichkeiten gab es unzählige und damit haben wir uns (neben Sex, aber das ist eine andere Geschichte. Verwunderungswürdig, wie selten ich noch das Thema beschreibe und wie oft ich vergessen habend es ignoriere.) oft die Zeit vertrieben.

Zwei befreundete Schatten

Die Bestefreundin, mit der ich am Meer weilte, ist ebenfalls Gestalterin. Während des Studiums wohnten wir zusammen, gleich in der Nähe der FH mit Blick auf die Große Fontäne. Mit der Freundin verbinden mich viele Gemeinsamkeiten und wir haben bis heute diese bedingungslose Harmonie, vielleicht nenne ich das Gefühl einfach mal Liebe. Sie lebt eine Art alternative Variante zu meinem Leben, einiges von ihrem Leben hatte ich mir vielleicht gewünscht, mich dann aber anders entschieden. Sie hat zwei Kinder mit einem chinesischen Mann, die irgendwie auch meine Kinder sind – Ideenkinder, Kinderideen. Wie auf nebeneinander laufenden Schienen, die ab und zu durch verschiedene Orte und Gegenden führen, aber immer wieder zusammenkommen, gibt es Begebenheiten, die sich ähneln oder aber wie zwei Seiten einer Münze wirken, die Eine füllt die Erlebnislücken der Anderen und entzerrt allzu große Ausschläge. Unser beider Erleben wirkt als Ganzes vollständiger und tiefer und beantwortet Fragen, die die Einzelne vielleicht nicht beantworten könnte.

Unsere meist sehr ausführlichen Gespräche glätten und machen verstehen, wie die Welt beschaffen ist. Wir verstehen uns auch ohne Worte und wissen alles voneinander. Ich bin so froh darüber.