Topic: Leben ist Leiden
Habe die Puppe von Mama dabei, sie ist mit roter Marmelade bekleckert und ich will sie waschen. Ivonne, so nennt Mama sie, guckt mit dem Kopf oben aus der für sie zu kleinen Tasche, die braunen Wollhaare wehen im Wind, als ich mit dem Rad vom Heim zum nahen Ausstellungsort fahre, um bei der Busenfreundin Kunst-Objekt haltzumachen und Geselligkeit zu erleben, meine Tasche mit Ivonne lege ich auf die Steinplatten, die die Busenfreundin kunsthalber verlegt hat, der, um jetzt den Bogen zu unserem Streit zu schlagen, als Gedächtnisort, letztlich der ihrer toten Mutter installiert ist. An den Bäumen die Hängematten, in denen schon die Freunde rumhängen. Man soll, so ihr Konzept, aus der entspannten Haltung heraus das Paradies ihrer verlorenen Kindheit kontemplieren, das durch die Steinplatten aus dem elterlichen Garten und einem dort ausgegrabenen Farn dargestellt wird. Sei's drum, heute aber soll hier getrunken werden und das Ensemble gefeiert.
S. fragt nach dem Tascheninhalt, aus dem Ivonnes Haare wallen und ich erkläre das Entstehen von Ivonne, die ich als Demenzpuppe für Mama handgearbeitet habe und darüber gibt es interessierte Gesprächsmöglichkeit im Kreis. Das ruft die Busenfreundin auf den Plan, die es ekelig findet, die Puppe jetzt hier beim Essen (es gibt Brot, Käse und Oliven, auf Ivonne ist bloß Konfitüre) vorzuzeigen, sie sei da etwas empfindlich wegen ihrer Mutter. Ich kann das alles vestehen und S. steckt Ivonne zurück in meine Tasche, die ich wieder auf die Steinplatten lege. Indes der neue, überaus niedliche Cocker-Spaniel von S. ebenfalls Aufmerksamkeit erregt, die Busenfreundin blökt S. an, sie solle ihn nicht zu nah an die Nahrungsmittel lassen, die auf dem Boden liegen, das sei ekelig.
Ein Tag voller Ekel. Die Busenfreundin keift und zankt, stellt einige Details der Ausstellungsprobleme mit den Kollegen falsch dar, bei denen sie bei Richtigstellung ziemlich schlecht wegkommen würde. Und H. solle nicht so unsexy in der Matte liegen, er hatte sich aber das Knie schmerzlich verdreht und jeden Grund unsexy zu sein. Vor den anderen, die H. nicht kennen, breitet sie aus, dass sie mal ein Paar waren, was wiederum S., die jetzige Freundin von H., sowieso nicht hören mag, es ist eine echt schlimme Situation, die sicherlich nicht nur von mir so empfunden wird. Ich blicke betreten vor mich hin und sage nichts. Und sie dann weiter: im Übrigen solle ich meine Tasche wonders hinlegen und nicht an diesen heiligen Ort (der Bodenplatten, wahrscheinlich Sandstein aus Kirchbrak). Mir bricht vollends das Herz, ich stehe in der selben Sekunde auf und mit einem Zeit für mich zu gehen nehme ich die Tasche, ich will noch zum Bildhauer, dessen Ausstellung gleich beginnt, S. schaut mich an und berührt meinen Arm, und dann stapfe ich über die Wiese davon.
Ich will die Busenfreundin nicht mehr sehen, geht es mir immer wieder durch den Kopf, während ich mit dem Rad und Ivonne, die aus der Tasche schaut, zum Bildhauer fahre. Nie/nie mehr. Ich weiß das alles, ich weiß, wie sie sich fühlt, tote Mutter, Messihaushalt, ich befürchte, sie trinkt auch viel, alles echt furchtbar. Aber sie weiß nicht, wie ich mich fühle und setzt ihr Leid über das aller anderen. Ich weiß, dass sie mir die Intimität, die Zärtlichkeit, die ich mit Mama habe, stets geneidet hat, weil sie gleiches mit ihrer Mutter als eklig empfand. In ihren Augen konkurrieren unsere Mütter, begreife ich. Ich weiß, dass sie mir jede Aufmerksamkeit neidet, die ich anstatt ihrer bekomme. -- Und nun macht sich alles an der armen Ivonne fest, die mittlerweile in Olivenseife gebadet ist und auf der Fensterbank trocknet. Ich bin so traurig, ich könnte heulen.
S. fragt nach dem Tascheninhalt, aus dem Ivonnes Haare wallen und ich erkläre das Entstehen von Ivonne, die ich als Demenzpuppe für Mama handgearbeitet habe und darüber gibt es interessierte Gesprächsmöglichkeit im Kreis. Das ruft die Busenfreundin auf den Plan, die es ekelig findet, die Puppe jetzt hier beim Essen (es gibt Brot, Käse und Oliven, auf Ivonne ist bloß Konfitüre) vorzuzeigen, sie sei da etwas empfindlich wegen ihrer Mutter. Ich kann das alles vestehen und S. steckt Ivonne zurück in meine Tasche, die ich wieder auf die Steinplatten lege. Indes der neue, überaus niedliche Cocker-Spaniel von S. ebenfalls Aufmerksamkeit erregt, die Busenfreundin blökt S. an, sie solle ihn nicht zu nah an die Nahrungsmittel lassen, die auf dem Boden liegen, das sei ekelig.
Ein Tag voller Ekel. Die Busenfreundin keift und zankt, stellt einige Details der Ausstellungsprobleme mit den Kollegen falsch dar, bei denen sie bei Richtigstellung ziemlich schlecht wegkommen würde. Und H. solle nicht so unsexy in der Matte liegen, er hatte sich aber das Knie schmerzlich verdreht und jeden Grund unsexy zu sein. Vor den anderen, die H. nicht kennen, breitet sie aus, dass sie mal ein Paar waren, was wiederum S., die jetzige Freundin von H., sowieso nicht hören mag, es ist eine echt schlimme Situation, die sicherlich nicht nur von mir so empfunden wird. Ich blicke betreten vor mich hin und sage nichts. Und sie dann weiter: im Übrigen solle ich meine Tasche wonders hinlegen und nicht an diesen heiligen Ort (der Bodenplatten, wahrscheinlich Sandstein aus Kirchbrak). Mir bricht vollends das Herz, ich stehe in der selben Sekunde auf und mit einem Zeit für mich zu gehen nehme ich die Tasche, ich will noch zum Bildhauer, dessen Ausstellung gleich beginnt, S. schaut mich an und berührt meinen Arm, und dann stapfe ich über die Wiese davon.
Ich will die Busenfreundin nicht mehr sehen, geht es mir immer wieder durch den Kopf, während ich mit dem Rad und Ivonne, die aus der Tasche schaut, zum Bildhauer fahre. Nie/nie mehr. Ich weiß das alles, ich weiß, wie sie sich fühlt, tote Mutter, Messihaushalt, ich befürchte, sie trinkt auch viel, alles echt furchtbar. Aber sie weiß nicht, wie ich mich fühle und setzt ihr Leid über das aller anderen. Ich weiß, dass sie mir die Intimität, die Zärtlichkeit, die ich mit Mama habe, stets geneidet hat, weil sie gleiches mit ihrer Mutter als eklig empfand. In ihren Augen konkurrieren unsere Mütter, begreife ich. Ich weiß, dass sie mir jede Aufmerksamkeit neidet, die ich anstatt ihrer bekomme. -- Und nun macht sich alles an der armen Ivonne fest, die mittlerweile in Olivenseife gebadet ist und auf der Fensterbank trocknet. Ich bin so traurig, ich könnte heulen.